Ein 48-Jähriger muss sich vor dem Landgericht Bielefeld verantworten, weil er den 58-jährigen Liebhaber seiner 17-jährigen Tochter entmannt haben soll.

Bielefeld. Schmerzhafte Selbstjustiz: Vor dem Landgericht Bielefeld hat am Mittwoch der Prozess gegen einen Vater begonnen, der dem wesentlich älteren Liebhaber seiner minderjährigen Tochter die Hoden abgeschnitten haben soll. Zum Prozessauftakt erklärte der angeklagte Vater Helmut S. nun, Phillip G. habe seine 17-jährige Tochter sexuell genötigt. Zudem räumte der 48 Jahre alte Beschuldigte am Mittwoch vor dem Landgericht erneut ein, den 58-jährigen Liebhaber seiner Tochter entmannt zu haben. In einem Brief an die Staatsanwaltschaft erhob auch die Tochter Vorwürfe gegen ihren Ex-Geliebten. Der Senior habe sie sexuell genötigt und vergewaltigt. Der Entmannte hingegen verlangt Schmerzensgeld. Die Anklage wirft dem Vater aus Bielefeld schwere Körperverletzung vor. Mit einem Urteil in dem Prozess wird frühestens am Freitag gerechnet.

Der Tathergang: Am 2. November 2010 überwältigt der Angeklagte Helmut S. den Liebhaber seiner Tochter gemeinsam mit zwei Komplizen in dessen Wohnung. Sie überwältigen den Phillip G., fesseln ihn mit Handschellen und Klebeband. Mit einem Messer oder Skalpell werden G. anschließend die vordere Hodenwand und beide Hoden amputiert. Das blutende und geknebelte Opfer lassen die Täter laut Staatsanwaltschaft schließlich in der Wohnung zurück. Dann ruft der Helmut S. seine Ehefrau an, um den Notarzt zu alarmieren. Der stark blutende, schwer verletzte Senior überlebt. Wer dem Vater bei der Entmannung half, ist unbekannt.

Der Angeklagte sagte, er habe bei einem anonymen Anruf von der Beziehung der Tochter erfahren. Der 58 Jahre alte Großvater einer Schulfreundin der Tochter habe seit Monaten Sex mit der 17-Jährigen. Er ging zur Polizei, habe dort aber die Auskunft bekommen, die Beziehung sei nicht strafbar. „Ich fühlte mich im Stich gelassen. Ich war verzweifelt“, sagte der Angeklagte. Er habe Alkohol getrunken und Tabletten genommen.

Dann sei er zu dem 58-Jährigen gefahren. Dieser bestritt, jemals Gewalt gegen die 17-Jährige angewendet zu haben. „Zwischen uns, das war die große Liebe“, versicherte er vor Gericht. Er habe seine Frau, mit der er fünf Kinder hat, nach 36 Jahren Ehe verlassen. Seine Familie habe ihn verstoßen, ebenso wie seine mennonitische Gemeinde. „Die Liebe war zu stark!“, beteuerte er. Es sei zum Sex gekommen.

Die 17-Jährige sei nicht mehr Jungfrau gewesen, sagte Phillip G.. Nach einem gescheiterten Versuch habe er sich die Potenzpille Viagra verschreiben lassen. Kurz vor der Tat, als der Vater von der Beziehung erfahren habe, habe seine junge Geliebte plötzlich Schluss gemacht. Die Tochter selbst will in dem Prozess nicht aussagen. Die Staatsanwaltschaft hatte Ermittlungen gegen den 58-Jährigen wegen des Vorwurfs sexueller Nötigung eingestellt.

Nun traf am 22. März der Brief mit den Anschuldigungen bei der Staatsanwaltschaft ein. Das Strafgesetzbuch sieht eine Strafe von mindestens drei Jahren vor, wenn das Opfer die Zeugungsfähigkeit einbüßt und dies vom Täter auch so beabsichtigt war. Das Opfer sagte, er habe große Qualen erlitten. Er sei nunmehr zeugungsunfähig und in therapeutischer Behandlung. Zudem müsse er bis an sein Lebensende künstliches Testosteron einnehmen. Als Nebenkläger verlangt er ein Schmerzensgeld von 150.000 Euro. Ein weiterer Prozesstermin ist für diesen Freitag angesetzt. (dpa/afp)