Die Opfer gehörten einer Familie an, die in einer der Hütten des Lagers lebte. Das Lager war von den Behörden bereits mehrmals abgerissen worden.

Rom. Die Feuerwehr ist sich sicher: Elena, Sebastian, Raoul und Fernando hatten keine Chance. Die vier Roma-Kinder im Alter von drei, fünf, sieben und elf Jahren verbrannten am Sonntag elend in ihrer Hütte in einem illegalen Barackenlager in Rom. Ein defekter Ofen soll das Feuer ausgelöst haben, berichteten italienische Medien am Montag. Von Brandstiftung war nicht die Rede. Die verbrannte Baracke war eine von fünf notdürftigen Unterkünften an diesem Ort, zusammengeflickt aus Plastikteilen, Wellblech und Holz. Der tragische Tod der Kinder löste in Italien eine heftige Debatte aus über die Unterbringung der Roma und Sinti allgemein.

“Schuld ist die verdammte Bürokratie“, meinte Roms Bürgermeister Gianni Alemanno. Es sei eine „schreckliche Tragödie für die Stadt“. Rom könne nicht zulassen, dass seine Bürger in Baracken lebten, „die sich mit einem Streichholz in einen Hochofen verwandeln können, in dem man auf derartig absurde und beschämende Weise umkommt“, sagte Alemanno am Unglücksort. Der Bürgermeister verlangte vor allem größere Befugnisse, um die mehrfach versprochenen neuen und besser ausgestatteten Unterkünfte einzurichten.

Drei Lager für insgesamt 6000 Roma will Alemanno bis zum Jahresende errichten lassen. Nach jüngsten Angaben des Innenministeriums leben rund 7200 sogenannte „nomadi“ (Nomaden) in der Ewigen Stadt, rund 150.000 in ganz Italien. Rund um Rom sollen etwa 100 Barackensiedlungen existieren.

“Für Alemanno sind die Roma nur Schmutz, den man entfernen muss“, schimpften hingegen Kritiker. Für die christliche Organisation „Comunità di Sant'Egidio“ sind große Lager, wie Alemanno sie bauen will, keine Lösung. „Wir müssen von der Idee des ausgestatteten Riesen-Lager wegkommen: Das ist eine zweitrangige Lösung, die nur neue Probleme bringt“, erklärte Mario Marazziti, Sprecher der Organisation. Sein Vorschlag sind viele kleine Siedlungen, die aber gesichert und menschenwürdig ausgestattet sind.

Die Hilfsorganisation „Save the children“ beklagte eine fehlende Organisation bei Räumungen der illegalen Lager. „Roma-Kinder bezahlen den höchsten Preis bei den Räumungen“, sagte Valerio Neri, Direktor der Hilfsorganisation in Italien. „Sie werden aus ihren Behausungen vertrieben, ohne dass ihnen eine adäquate Alternative zur Verfügung gestellt wird“.

In der Hütte der Opfer lebten noch weitere drei Menschen, die Eltern der Kinder und ein Verwandter. Sie waren zum Zeitpunkt des Brandes zu einem nahe gelegenen Supermarkt gegangen, um Wasser zu kaufen. Das illegale Lager, das 2005 schon einmal geräumt worden war, verfügt weder über fließendes Wasser noch über Strom oder vorschriftsgemäße Kochmöglichkeiten.

Die in Italien lebenden Roma und Sinti standen schon mehrfach im Mittelpunkt der politischen Diskussion. Erst vor einem Jahr hatte der Uno-Menschenrechtsrat in Genf Italien kritisiert - unter anderem wegen Gewaltakten gegen Einwanderer und Minderheiten wie Roma und Sinti.

Als einer von wenigen war der italienische Innenminister Roberto Maroni von der ausländerfeindlichen Regierungspartei Lega Nord dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy beigesprungen, als dieser für Massenausweisungen von Roma und Sinti aus Frankreich gescholten wurde. „Leider haben die meisten Nomaden bei uns die italienische Staatsbürgerschaft, daher sind solche Ausweisungen nicht möglich“, lautete Maronis Kommentar damals.