Neue Daten zeigen: Auch bei modernen Paaren ist Er älter als Sie - im Schnitt vier Jahre

Hamburg. Was haben Johannes Heesters, 106, und Franz Müntefering, 70, gemeinsam? Auf den ersten Blick nicht viel, aber eines eint den Schauspieler und den SPD-Politiker doch: Beide sind weit mehr als eine Generation älter als ihre Ehefrauen. Müntefering 40 Jahre, Heesters sogar 45. Damit liegen sie einerseits voll im Trend, denn der jüngste Mikrozensus des Statistischen Bundesamtes hat ergeben: In 73 Prozent aller Ehen ist der Mann älter. Andererseits fallen die beiden prominenten Herren völlig aus dem Rahmen. Denn die neuen Daten besagen auch: Nur bei rund sechs Prozent der Partnerschaften in Deutschland beträgt der Altersunterschied mehr als zehn Jahre.

"Im Vergleich zu 1996 hat sich im Grunde nichts verändert", sagte Stefan Rübenach vom Statistischen Bundesamt in Wiesbaden. Und genau dies ist das Bemerkenswerte an den Zahlen: In einer Zeit, da das Zusammenleben der Geschlechter und die Institution Familie in vielerlei Hinsicht einem rasanten Wandel unterworfen sind, gibt es zumindest eine Konstante - nämlich die, dass die meisten Ehemänner älter sind als ihre Frauen. So, wie es auch zu Urgroßmutters Zeiten üblich war.

Allerdings hat sich die Differenz verringert. Waren früher einmal fünf bis zehn Jahre keine Seltenheit, trennen heute fast jedes zweite Paar nur noch ein bis drei Jahre. Im Gesamtdurchschnitt liegen vier Jahre zwischen Mann und Frau, bei verheirateten Paaren sind es 3,9 Jahre, bei nichtehelichen Lebensgemeinschaften immerhin 4,6 Jahre. Gleich alt sind Mann und Frau übrigens nur in jeder zehnten Beziehung, und in 17 Prozent der Fälle ist die Frau älter.

Aber was bedeutet es für die Beziehung, wenn - wie im traditionellen Regelfall - der Mann älter ist? Dies war bereits Gegenstand verschiedener Studien von Soziologen und Evolutionsforschern. So kamen beispielsweise Wissenschaftler der Universität Wien bei einer Untersuchung zu dem Ergebnis, dass Paare mit einem Altersunterschied von vier bis sechs Jahren die meisten Kinder bekommen.

Neben diesem biologischen Aspekt können Lebensalter und Altersdifferenzen weitere Auswirkungen haben. "Das Alter an sich ist eine wichtige Variable für die Beziehung, da daran viele Gedanken gekoppelt sind", erklärt Elmar Basse, Paartherapeut aus Hamburg. Ein großer Altersunterschied werde meist dann zum Problem, wenn der ältere Partner beginne, sich über mögliche Unzulänglichkeiten Gedanken zu machen. Elmar Basse spricht hier von den "Urängsten" der Männer, sich nicht mehr ansprechend und selbstbewusst positionieren zu können und "dem Glauben der Frau, Männer schauen nur auf das Äußere".

Ältere Männer haben laut Basse oft den Eindruck, dass mit dem altersbedingten Schwinden ihrer Leistungsfähigkeit und womöglich des beruflichen Erfolgs auch die Wertschätzung durch die Partnerin abnehme. Das werde dann ebenso zur Gefahr für die Beziehung wie die Ängste der Frauen, die deutlich älter seien als ihre Männer. Ihnen gehe es allerdings weniger um das berufliche Ansehen als um ihre äußerliche Attraktivität. "Frauen, deren Partner sehr viel jünger ist, haben häufiger Angst, dass sie nicht mehr attraktiv genug sind und dass sich ihr Mann nach einer jüngeren Frau umsieht", sagt Psychologe Elmar Basse.

Zudem gehörten zu einer funktionierenden Beziehung in der Regel gemeinsame Aktivitäten und Freundeskreise. "Da ist es schon von Vorteil, wenn man sich in einer Altersgruppe bewegt", erläutert Basse. Aber einen "perfekten" Altersunterschied zu benennen, hält der Psychologe für schwierig, "das hängt auch stark von der Persönlichkeit ab".

Gleichgeschlechtliche Partnerschaften haben die Statistiker übrigens nicht in die Auswertung einbezogen. Dazu sei die Datenlage noch zu wenig umfangreich und gesichert.