Das Hochwasser hat die Provinzen Punjab und Sindh im Süden des Landes erreicht. Weiterer Regen zum Wochenende prognostiziert.

Mehmood Kot. Die Lage in Pakistan bleibt mehr als eine Woche nach den durch Monsunstürme ausgelösten Überschwemmungen dramatisch. Nach dem Nordwesten erreichte das Hochwasser am Donnerstag die weiter südlich gelegenen bevölkerungsreichsten Provinzen Punjab und Sindh. UN-Schätzungen zufolge sind mehr als vier Millionen Menschen betroffen, der UN-Sondergesandte Jean-Maurice Ripert verschaffte sich vor Ort ein Bild von der Situation.

Nach der bisher am schwersten betroffenen Provinz Khyber Pakhtunkhwa im Nordwesten des Landes drang das Hochwasser zunehmend weiter gen Süden vor. In Punjab waren bereits sieben Bezirke betroffen, ganze Dörfer hatten sich in Seen verwandelt. Immer noch trafen die Überschwemmungen die Menschen in einigen Dörfern völlig unvorbereitet. „Niemand hat damit gerechnet, niemand hat uns gewarnt. Die Flutwelle kam ganz plötzlich und zerstörte alles“, berichtete der Teeverkäufer Allah Diwaya in der Stadt Kot Addu. Dort konnten die Behörden nach eigenen Angaben gerade noch verhindern, dass das Kraftwerk, eines der größten des Landes, überflutet wurde. Die Wetterdienste rechneten für Freitag mit weiterem Regen.

Auch in Sindh erreichten die Wasserpegel nach UN-Angaben eine kritische Marke. Sollten sie weiter steigen, sei der Staudamm in Sukkur akut in Gefahr, sagte der Sprecher des UN-Koordinationsbüros für humanitäre Hilfe, Maurizio Giuliano. Nach Schätzung von Zivilschutzchef Sualeh Farooqi dürften die Überschwemmungen am Wochenende das für die Landwirtschaft wichtige Gebiet Katcha am Fluss Indus erreichen. 5 000 Menschen seien dort bereits in Sicherheit gebracht worden, Notpläne sähen die Evakuierung von insgesamt 500 000 Menschen vor, sagte Farooqi.

Der UN-Sondergesandte Ripert traf am Donnerstag in der bislang am schwersten betroffenen Provinz Khyber Pakhtunkhwa ein. Dort ging das Hochwasser erstmals seit Tagen etwas zurück. Bei den schwersten Überschwemmungen seit 80 Jahren wurden bislang rund 1 500 Menschen getötet. Mehr als vier Millionen sind nach UN-Angaben „auf die ein oder andere Weise“ betroffen, darunter fast 1,5 Millionen Kinder. Das Deutsche Rote Kreuz berichtet zudem von zahlreichen Cholera-Fällen .

Nach anhaltender Kritik über die unzureichenden Reaktionen von Behörden und Regierung auf die Katastrophe kündigte Premierminister Yousuf Raza Gilani an, dass alle Minister ein Monatsgehalt für die Flutopfer spenden würden. Mit dem Geld habe er einen eigenen Hilfsfonds gegründet, erklärte Gilani am Mittwoch nach einer Kabinettssitzung in Islamabad. Armee und Beamte der Zentralregierung wollten demnach einen Tageslohn spenden. Die Wut trifft neben der Regierung vor allem Präsident Asif Ali Zardari: Der schon vorher äußerst unpopuläre Staatschef war trotz der Katastrophe zu Staatsbesuchen nach Paris und London gereist und hatte dort in Luxushotels gewohnt.