Die deutsche Mutter der 14-jährigen Niederländerin unterstützt das Vorhaben. Behörden sagten bislang “Nein“. Gibt's nun die Wende?

Amsterdam. Dramatischer hätte die Kursänderung in der „Segelmädchen“-Saga der Niederlande kaum ausfallen können: Die deutsche Mutter der 14-jährigen Möchtegern-Rekordlerin Laura Dekker unterstützt den riskanten Törn jetzt statt ihn – wie seit mehr als einem Jahr – zu bekämpfen. Obendrein wirft sie Behörden in den Niederlanden vor, ihre Tochter auf „kriminelle“ Weise an dem Rekordversuch zu hindern, als jüngster Mensch solo um die Welt zu segeln. Knapp eine Woche vor einem neuen, möglicherweise entscheidenden Gerichtsurteil warf Lauras Mutter Babs Müller den Ämtern vor, das Mädchen „kaputt zu machen“. Kinder- und Jugendschützer würden unter anderem das Telefon und den Computer der jungen Seglerin „in der Hoffnung kontrollieren, dass sie etwas Verkehrtes sagen oder schreiben möge“. Die Anschuldigungen erhob die seit 2006 von Lauras Vater Dick Dekker geschiedene Mutter in einem offenen Brief, der am Samstag von der Zeitung „Algemeen Dagblad“ veröffentlicht wurde. Früher hatte sich Babs Müller klar gegen den Solo-Segeltörn ihrer Tochter ausgesprochen.

Nach langen Gesprächen mit Laura habe sie nun ihre Meinung geändert. Das Vertrauen in die niederländischen Behörden habe sie verloren. „Ich begreife nicht, wie Menschen einer Teenagerin so etwas antun können. Das ist kein Kinderschutz, das ist Kindesmisshandlung“, schrieb sie. „Laura ist schließlich nicht kriminell, sie will einfach nur segeln.“ Hingegen seien die Ämter für Jugendfürsorge und Kinderschutz „kriminelle Organisationen“. Sie würden Lügen in die Welt setzten, um ihre Aktionen zur Verhinderung der Weltumseglung zu rechtfertigen. „Es geht ihnen überhaupt nicht um Laura; das ist mir klar geworden.“

„Ich weiß, dass sie das kann. Sie ist ein starkes Mädchen, und sie gibt nicht so schnell auf“, sagt sie jetzt über ihre Tochter. Im vergangenen September hatte die Mutter noch erklärt: „Wenn ich entscheiden könnte, würde ich Laura diesen Trip nicht machen lassen.“ Das war seinerzeit mit ausschlaggebend dafür, dass dem Vater das Erziehungsrecht teilweise entzogen und die Seglerin unter die Aufsicht des Jugendamtes gestellt wurde. In den Niederlanden hatte das eine Debatte über persönliche Freiheit und die Rechte des Staates ausgelöst.

Zu ihrem Sinneswandel schrieb Babs Müller: „Natürlich findet es keine Mutter auf der Erde gut, wenn ihre Tochter ganz allein auf dem Meer ist. Ich werde vor Sorgen nicht schlafen können, aber es geht hier um Laura und darum, wie ich ihr helfen kann.“ Trotz der behördlichen Aufsicht darf Laura weiter bei ihrem Vater wohnen, der den Segelrekordversuch unterstützt. Nachdem nun auch die Mutter dafür ist – die Großeltern hatten ihre Unterstützung bereits im vergangenen Jahr erklärt – dürfte es den Behörden schwerer fallen, Lauras Start zu verhindern.

Das inzwischen zuständige Amtsgericht in Middelburg (Provinz Zeeland) hatte sich am 17. Juni Urteilen anderer Gerichte weitgehend angeschlossen und die Aufsicht der Jugendschützer über das Mädchen verlängert. Vom kommenden Dienstag an soll der Fall erneut verhandelt werden. Mit einem Urteil wird am 27. Juli gerechnet. Mit Mamas Rückenwind könnte Laura bei einem positiven Urteil im August oder September starten.

Bei den am 20. Juli beginnenden Beratungen geht es vor Gericht zunächst darum, ob die Teenager-Seglerin und ihre Helfer tatsächlich alle Auflagen und Vorbedingungen für den Solo-Törn erfüllt haben. Unter anderem sollen ein detaillierter Routenplan für den auf zwei Jahre angelegten Segeltörn und die Notfallplanungen geprüft werden. Am 11. Juni war die 16-jährige Amerikanerin Abby Sunderland beim Versuch eines Jugendrekords im Solo-Weltumsegeln gescheitert. Sie war zwischen Madagaskar und Australien in Seenot geraten und nach einer dramatischen und teuren Rettungsaktion schließlich von einem französischen Fischereischiff aufgenommen worden.

Derweil setzt Laura ihr Training für das Segelabenteuer fort. „Da wir Ferien haben kann ich den ganzen Tag auf meiner Jacht „Guppy„ sein“, berichtete sie. „Ich kann es kaum noch erwarten, endlich in See zu stechen.“