Wird Supermodel Naomi Campbell vor einem Sondertribunal zugeben, von Charles Taylor einen Blutdiamanten bekommen zu haben?

Den Haag. Marilyn Monroe hat es gesungen, auch Madonna und Kylie Minogue: „Diamonds Are a Girl's Best Friend“. Das könnte sich auch Charles Taylor gedacht haben. Er war gerade Präsident Liberias geworden und strotzte vor Selbstbewusstsein, als er in Südafrika Gast einer Dinnergesellschaft auf Einladung von Nelson Mandela war - und sein Auge auf die schwarze Schönheit Naomi Campbell fiel. Um sie zu entzücken soll er noch in derselben Sommernacht des Jahres 1997 Boten mit einem rohen Edelstein zu Campbells Hotelzimmer geschickt haben - einem Blutdiamanten aus dem Bürgerkriegsland Sierra Leone.

So jedenfalls hat es die amerikanische Staatsanwältin Brenda Hollis vor dem Sondergerichtshof für Sierra Leone dargestellt. Zugleich verlangte sie, dass Campbell - mangels Bereitschaft zu einer freiwilligen Zeugenaussage - verpflichtet wird, Rede und Antwort zu stehen. Dem kam der Gerichtshof jetzt nach. Am 29. Juli um 09.00 Uhr habe das Model vor dem Tribunal an der Doktor van Stamstraat 1 in der Ortschaft Leidschendam unweit von Den Haag zu erscheinen.

Mit der Vorladung schickten die Richter eine Drohung an Campbells Anwalt in London: Sollte die 40-Jährige ohne akzeptable Entschuldigung fernbleiben, könne dies zu einer Strafe bis zu sieben Jahren Gefängnis wegen Missachtung des Gerichtshofes führen. Campbells Reaktion kann sich vorstellen, wer kürzlich ihren Wutausbruch in einem Studio des US-Senders ABC gesehen hat. „Ich habe keinen Diamanten bekommen, und ich werde darüber nicht sprechen“, fauchte die Britin die Reporterin an. Als die nicht locker ließ, schlug das Supermodel auf eine Kamera und stürmte davon.

Dass Fragen nach einem Geschenk des übel beleumundeten Taylor für Campbell unangenehm sind, lässt sich nachempfinden. Aber wieso will Staatsanwältin Hollis um alles in der Welt, dass sie vor Gericht zu einem einzigen Blutdiamanten aussagt? Schließlich wird dem 62-Jährigen vorgeworfen, seinerzeit Hunderte in Sklavenarbeit gewonnene Edelsteine als Bezahlung für illegale Waffenlieferungen an die blutrünstigen Rebellen in Liberias Nachbarland Sierra Leone bekommen und daran Milliarden von Dollar verdient zu haben.

Fehlt es Hollis, wie die Verteidiger sagen, an schlagkräftigen Beweisen und will sie nun im Gerichtssaal eine Show abziehen, um sich selbst besser in Szene zu setzen? Immerhin ist neben Campbell auch US-Schauspielerin Mia Farrow (65) als Zeugin geladen worden. Farrow war bei dem denkwürdigen Promi-Dinner zugegen, das der damalige Präsident Mandela am Rande der Einweihung des neuen südafrikanischen Luxuszuges „Blue Train“ gab. Und Farrow hatte berichtet, Campbell habe ihr am nächsten Morgen von Taylors Diamantengeschenk erzählt.

Als wichtigsten Grund für die Vorladung Campbells gab die Staatsanwältin an, dass deren Aussage als eine Zeugin, die selbst in keiner Verbindung zu den Konflikten in Sierra Leone oder Liberia stehe, „höchste Beweiskraft“ habe. Sie werde „der Aussage des Angeklagten entgegenstehen, wonach er niemals im Besitz von Rohdiamanten war“.

„Ich habe nie Diamanten bekommen, weder in Mayonnaise-Gläsern noch in Kaffeedosen“, sagte Taylor im Juli 2009 zum Beginn der Beweisaufnahme. Die gesamte Anklage wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit während des Bürgerkrieges in Sierra Leone, dem mehr als 120 000 Menschen zum Opfer fielen, beruhe auf „Lügen, Lügen und nochmals Lügen“. Dabei ist „Doktor Charles Ghankay Taylor, der 21. Präsident Liberias“, wie er sich vor dem Tribunal nennt, mit schier unerschütterlicher Gelassenheit geblieben.

Ausgerechnet diesen abgebrühten Ex-Despoten, der Wahlen mit dem Slogan gewann „Er hat meine Mama getötet, er hat meinen Papa getötet, aber ich werde für ihn stimmen“, soll die leicht erregbare Naomi Campbell nun öffentlich Lügen strafen. Wen wundert es, dass sie Angst hat und verlangt, in Ruhe gelassen zu werden?