Wegen eines Verfahrensfehlers kassiert der BGH das Urteil gegen den Vater von Amokläufer Tim K. ein. Der Fall wurde an eine andere Kammer des Landgerichts Stuttgart zurückverwiesen.

Karlsruhe/Winnenden. Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe hat einem Medienbericht zufolge das Urteil gegen den Vater des Amokläufers von Winnenden aufgehoben. Wie „Focus Online“ am Montag unter Berufung auf den BGH meldete, wurde ein Verfahrensfehler beanstandet. Die Verteidigung habe keine Gelegenheit gehabt, eine wichtige Zeugin zu befragen.

Der Fall wurde laut Internetportal an eine andere Kammer des Landgerichts Stuttgart zurückverwiesen. Die Pressestelle des BGH konnte am Montag dazu keine Angaben machen.

Das Stuttgarter Landgericht hatte Geschäftsmann im Februar 2011 wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Körperverletzung zu einer Haftstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt, die zur Bewährung ausgesetzt wurden. Mit einer Schusswaffe seines Vaters hatte der 17 Jahre alte Schüler Tim K. im März 2009 bei einem Amoklauf 15 Menschen und anschließend sich selbst getötet.

Der Richter sah es als erwiesen an, dass der Sportschütze sich der 15-fachen fahrlässigen Tötung und 14-fachen fahrlässigen Körperverletzung sowie des fahrlässigen Überlassens einer erlaubnispflichtigen Waffe an Unbefugte strafbar machte. Die Tatwaffe hatte er Jugendliche aus dem Schlafzimmer der Eltern entwendet, wo sie ungesichert lag.

Gericht beanstandet Befragung von Zeugin

Der BGH bestätigte nun offenbar den Schuldspruch. Schon die unzulängliche Sicherung von Waffen und Munition könne den Vorwurf der Fahrlässigkeit begründen, heißt es laut Bericht in der Begründung. Für die Vorhersehbarkeit der Gewalttat könne auch sprechen, „dass der Vater nicht für die Weiterbehandlung seines Sohnes sorgte“, obwohl sich dessen psychischer Zustand wieder deutlich verschlechterte.

Beanstandet wurde vom BGH laut Nachrichtenportal jedoch die Vernehmung der Familientherapeutin, die in ihrer Zeugenaussage den Vater schwer belastet hatte, sich dann aber in Widersprüche verwickelte. Die Zeugin berief sich dann auf ihr Schweigerecht, ohne dass sie von der Verteidigung befragt werden konnte. In diesem Punkt hatte die Revision der Anwälte des Vaters Erfolg.

Opfer und Hinterbliebene wollen Schadenersatz

Über die Revision war nicht mündlich verhandelt worden. Offenbar entschied der zuständige 1. Strafsenat im nicht-öffentlichen Beschlussverfahren und stellte die Entscheidung vorschriftsgemäß den Anwälten zu. Die übliche nachträgliche Information der Presse erfolgte bis zum Montagnachmittag jedoch nicht.

Auf Grundlage der Verurteilung des Vaters pochen zahlreiche Opfer und Hinterbliebene auf Schadenersatz. Die Stadt Winnenden macht bei den Eltern 15 Millionen Euro geltend, die sie infolge des Amoklaufes ausgeben hat. Dazu zählten der Umbau der Albertville-Realschule, die provisorische Containerschule sowie Kosten für Notfallseelsorger, Psychologen und die Organisation des ersten Amoklauf-Jahrestages. (abendblatt.de/dapd)