Immer mehr US-Stars verzichten auf ein bestimmtes Eiweiß, um schlank und schön zu sein. Ob die Gluten-Diät hilft, ist umstritten.

Hamburg/Los Angeles. Nachdem Teenie-Star Miley Cyrus , 19, noch vor wenigen Monaten in amerikanischen Zeitungen als "übergewichtig" bezeichnet wurde, sorgt momentan ihre sehr schlanke Figur für Aufsehen. Wie konnte sie so schnell so viel abnehmen? Über den Nachrichtendienst Twitter erklärte die US-Popsängerin und Schauspielerin ("Hannah Montana") jetzt, sie habe ihre Nahrung umgestellt. Angeblich leidet sie unter einer Gluten- und Laktoseallergie. Ihr gehe es so gut wie noch nie. Deshalb lautet ihre Empfehlung an alle Zeitgenossen mit Figurproblemen: die glutenfreie Ernährung.

Mit diesem Aufruf bedient die 19-Jährige einen Trend, der in Hollywood momentan weit verbreitet ist: der Verzicht auf Gluten. Nachdem lange vor allem Kohlenhydrate, insbesondere Zucker, als Feind Nummer eins aller Traumfiguren galten, ist es nun anscheinend das sogenannte Kleber-Eiweiß. Dank ständig und überall lauernder Paparazzi und Fans mit Smartphones, die einen Star aus jedem noch so unvorteilhaften Winkel ablichten und selbst sehr schlanke Menschen dick erscheinen lassen können, ist man im sowieso schon gesundheitsbewussten Hollywood noch figurfixierter geworden. Bloß nicht den Anschein erwecken, man habe seinen Körper nicht im Griff. Neben Cyrus sollen daher auch die aus dem Film "Der Teufel trägt Prada" bekannte Schauspielerin Anne Hathaway, 29, und Ex-Spice-Girl Victoria Beckham, 37, die glutenhaltigen Lebensmittel komplett von ihrem Speiseplan gestrichen haben.

Allerdings ohne an einer tatsächlichen Gluten-Unverträglichkeit, der Zöliakie, zu leiden. Wer diese Krankheit hat, bei dem kommt es durch den Verzehr von glutenhaltigem Essen zu Reizungen der Dünndarmschleimhaut. Die Nährstoffaufnahme wird langfristig eingeschränkt, die Betroffenen leiden unter Blähungen, Bauchkrämpfen und Durchfall.

"Die Diagnose bedeutet einen lebenslangen Verzicht auf diese Lebensmittel", erklärt Antje Gahl von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE). Gluten ist ein Eiweiß, das in Getreide wie Weizen, Roggen, Hafer und Gerste vorkommt und damit in sehr vielen Nahrungsmitteln enthalten ist. Brot, Kuchen, Pasta und auch Bier sind tabu. Die US-Serien-Schauspielerin ("New Girl") Zooey Deschanel, 32, die tatsächlich unter einer solchen Unverträglichkeit leidet, wurde von einem irritierten Reporter bereits gefragt: "Was kannst du denn dann überhaupt essen? Rinde?" Für Betroffene sind Obst, Gemüse, Fisch und Fleisch sowie speziell hergestellte Produkte ohne Gluten Bestandteile eines ausgewogenen Speiseplans. Zudem gibt es Getreidesorten wie Hirse und Buchweizen, die kein oder sehr wenig Gluten enthalten.

Doch sollte man das chronische Leiden von Erkrankten zu einem freiwilligen Abnehmtrend machen? Schauspielerin Gwyneth Paltrow, 39, die in Hollywood als besonders ernährungsbewusst gilt, stellt auf ihrem Internetblog gern Rezepte für glutenfreie Gerichte zur Verfügung. Der Star aus "Shakespeare in Love" wird nicht müde, die positive Wirkung dieser Diät zu betonen - auch ohne Allergie. Experten sind allerdings nicht vollständig überzeugt. "Der Sinn erschließt sich mir nicht", erklärt Antje Gahl von der DGE. Auch Joachim Westenhöfer, Professor für Ernährungs- und Gesundheitspsychologie an der Hochschule für angewandte Wissenschaften (HAW) Hamburg gibt zu Bedenken, es sei immer die Frage, was man stattdessen esse.

Wer die Gluten-Produkte einfach durch Nahrungsmittel ersetzt, die dafür etwa mehr Zucker enthalten, wird nicht automatisch abnehmen. Vielmehr müsste die Gluten-Diät mit einer Abkehr von Kohlenhydraten einhergehen, wobei man bei den bereits bekannten "Low Carb"-Kuren ist. Bei diesen wird die Kohlenhydratzufuhr minimiert, Zucker und Weißmehl sind verpönt, Vollkornprodukte dagegen willkommen. Da Getreide neben vielen Kohlenhydraten eben auch das Gluten enthält, gibt es große Schnittmengen. Aber wer weniger Kohlenhydrate essen möchte, muss nicht automatisch alle Produkte mit dem Kleber-Eiweiß ausschließen.

Nicole Mündelein, Ökotrophologin und Ernährungsberaterin aus Hamburg, sagt: "Es ist durchaus gut, die Menge an Kohlenhydraten zu reduzieren, ganz auf sie verzichten sollte man allerdings nicht." Weniger davon und dafür mehr Gemüse, Obst und Eiweiße können zu einer Gewichtsreduktion führen. Wichtig ist aber eine ausgewogene Ernährung, um Mangelerscheinungen zu vermeiden. Ohne medizinischen Grund auf Gluten zu verzichten ist dagegen nicht zielführend.