Der 24-jährige, der sich in einem Haus in Toulouse verschanzt hat, will den Polizisten zuvor von seinem “kriminellen Weg“ berichten.

Toulouse/Paris. Der mutmaßliche Serienmörder von Toulouse will sich nach Angaben des französischen Innenministers Claude Guéant am Mittwochnachmittag der Polizei ergeben. Guéant erklärte dem TV-Nachrichtensender BFM, der Mann habe einem Polizisten seine Absichten erklärt, nachdem er eine Waffe aus dem Fenster geworfen habe. „Er hat aber weitere Waffen, darunter eine Kalaschnikow, eine Uzi und diverse Feuerwaffen“, sagte Guéant. Es sei der Mann, der die Taten begangen habe, die Justiz wolle ihn lebend festnehmen und vernehmen. Guéant: „Dieser Mann hat bereits mehrere Straftaten auf französischem Boden begangen, einige mit Gewalt (...) Er spricht viel, er ist dabei, seinen gesamten kriminellen Weg zu erzählen.“ Der Schütze steht dringend im Verdacht, für die Morde an drei Soldaten sowie an drei Kindern und einem Lehrer an einer nur drei Kilometer entfernten jüdischen Schule verantwortlich zu sein.

Der 24-Jährige hat sich in einem Haus in der südfranzösischen Stadt Toulouse verschanzt. Zuvor hatte es am frühen Morgen bei einem Polizeieinsatz im Toulouser Viertel Croix-Daurade einen schweren Schusswechsel gegeben. Die Elitepolizisten hätten morgens gegen 3.05 Uhr versucht, seine Wohnung zu stürmen. Der Mann hätte sofort das Feuer eröffnet. Er habe sich in Verhandlungen mit Einsatzkräften der Eliteeinheit RAID zum Terrornetzwerk Al-Qaida bekannt, berichtete der Sender France Info unter Berufung auf Polizeikreise. "Als sich die Polizisten seiner Tür näherten, hat er sofort durch die Tür geschossen. Ein Polizist wurde verletzt, aber er schwebt nicht in Lebensgefahr“, sagte der französische Innenminister Claud Guéant. "Der Bruder des Verdächtigen wurde festgenommen (...) Die Mutter wurde zum Ort gebracht und gebeten, Kontakt zu ihrem Sohn aufzunehmen, was sie nicht gewollt hat.“

In Verhandlungen, die ihn zur Aufgabe bewegen sollten, habe der Mann viel über sein Engagement für den Dschihad gesprochen, zitierte France Info Innenminister Guéant. Der Mann erklärte der Polizei den Angaben zufolge, er habe palästinensische Kinder rächen wollen und auch ein Zeichen gegen den französischen Einsatz in Afghanistan setzen wollen. "Er spricht viel von seinem Engagement für (das Terrornetzwerk) Al-Qaida“, sagte Guéant. Er sei bereits nach den Morden an drei Soldaten ins Visier der Fahnder geraten. "Diese Person war in Afghanistan und Pakistan. Er ist den Salafisten und Dschihadisten verbunden.“ Er stamme aber aus Toulouse und habe die französische Staatsangehörigkeit.

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Der Einsatzort wurde weiträumig abgesperrt. Sprengstoffhunde seien vor Ort. Es seien Militärwaffen zum Einsatz gekommen, hieß es. In der Nähe des Hauses seien sechs bis sieben Schüsse zu hören gewesen. Zwei Beamte seien verletzt worden. Auch die Mutter des Verdächtigen sei zum Ort des Einsatzes gerufen worden. Sie habe aber nicht mit ihrem Sohn sprechen wollen und dies damit begründet, dass sie kaum Einfluss auf ihn habe. Nach Angaben von Augenzeugen hat die Polizei bewusst auf eine Evakuierung des fünfstöckigen Mehrfamilienhauses verzichtet. Anwohner des ruhigen Wohnviertels im Osten der Stadt berichteten Journalisten telefonisch, sie seien im Haus blockiert. Kurz nach 3 Uhr seien sie durch Schreie und Schüsse geweckt worden. Der Verdächtige, der sich in seiner Wohnung verschanzt hat, sei im Gebäude nicht bekannt. "Hier sagt man sich "Bonjour“, aber man kennt sich nicht“, berichtete eine Anwohnerin dem TV-Sender BFM.

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Bei dem Mann soll es sich um einen Mann aus Toulouse algerischer Herkunft handeln, der in der Vergangenheit ins Grenzgebiet von Pakistan und Afghanistan reiste. Am Einsatzort sagte Minister Guéant noch, der Verdächtige habe nicht die Absicht, sich zu ergeben. Es gebe drei Verletzte, einer davon schwer. Der Mann sei alleine im Haus, betonte der Innenminister. Präsident Nicolas Sarkozy sei informiert worden. Der 24-Jährige war bereits nach den Morden an den drei Soldaten ins Visier der Fahnder geraten. Nach ersten Erkenntnissen kamen die Ermittler dem Verdächtigen durch das Internet auf die Spur.

Das erste Opfer war mit seinem mutmaßlichen Mörder über eine Internet-Verkaufs-Plattform in Kontakt getreten, berichtete der TV-Nachrichtensender BFM unter Berufung auf Polizeikreise. Das Opfer hatte sein Motorrad verkaufen wollen und die geringe Kilometerleistung mit längeren beruflichen Auslandseinsätzen als Soldat erklärt. Der Täter hatte mit ihm per Mail einen Treffpunkt vereinbart. Die von Polizeiermittlern identifizierte IP-Adresse gehörte zu einem Computer, der dem Bruder des Tatverdächtigen gehört. Zudem soll ein Yamaha-Händler demnach berichtet haben, dass ein Kunde sich ein paar Tage zuvor informiert habe, wie man den Chip für die Satelliten-Verfolgung des Motorrollers deaktivieren könne. Der Täter war mit einem Motorroller dieser Marke unterwegs gewesen.

Die französische Justiz stuft die Mordserie als Terrorakte ein. Der Täter habe seine Opfer mit Kopfschüssen getötet, sagte der zuständige Pariser Staatsanwalt François Molins am Dienstag weiter. Seine Tat filmte der Mann offenbar mit einer Kamera, die er um den Hals trug. Am Dienstag gedachten Schüler und Lehrer in ganz Frankreich der Opfer des Anschlags von Toulouse. Die Leichname der vier Opfer sind nach Israel geflogen worden. Die El-Al-Maschine mit den drei getöteten Kindern und einem Rabbi traf am Mittwochmorgen aus Paris kommend in Jerusalem ein. An Bord waren Angehörige der Opfer, Vertreter der jüdischen Gemeinde in Frankreich sowie der französische Außenminister Alain Juppé. Die Särge sollten anschließend zu einem Friedhof gebracht werden, wo noch am Vormittag die Beisetzung geplant war.

Mit Material von dpa, rtr und dapd