Das Busunglück mit 22 ums Leben gekommenen Schulkindern bestürzt Belgien. Ministerpräsident Di Rupo ruft einen nationalen Trauertag aus.

Herverlee/Brüssel. Es ist der schlimmste Albtraum, aus dem es für viele Familien kein Erwachen mehr geben wird. Auf der Rückkehr von ihrer Skifreizeit sind 22 Schulkinder und sechs Lehrer und Betreuer bei einem Busunfall in der Schweiz ums Leben gekommen. Der überwiegende Teil der Opfer stammte aus Belgien. «Heute ist ein schwarzer Tag für unser Land», sagt Ministerpräsident Elio Di Rupo. Unter Schock kommen die Eltern am Morgen zu den beiden Grundschulen, wo sie eigentlich ihre Kinder abholen wollten. «Die Angst, die Unsicherheit sind fürchterlich», sagt der Erzbischof von Belgien, André Joseph Leonard, vor der Sint-Lambertus-Schule in Heverlee bei Löwen.

Der Name der Schule prangt in bunten Lettern über dem backsteinernen Eingangsportal. Viele Eltern und Schüler sind in Tränen aufgelöst, als sie an den Journalisten vorbei eilen, halten sich fest umschlugen. 28 Kinder aus der Schule saßen in dem verunglückten Bus. «Von acht von ihnen kennen wir das Schicksal nicht, die anderen haben gebrochene Arme und Beine», sagt Schulpfarrer Dirk De Gendt. «Der Lehrer und der Betreuer sind ums Leben gekommen.» Auch Gendt ringt mit den Tränen. «Wir sind geeint in Unwissenheit, Trauer und Verlust», erklärt die Schule auf ihrer Homepage.

+++ Reisebusunfall in Schweizer Tunnel - 28 Menschen sterben +++

Die meisten Opfer kommen aus Lommel an der niederländischen Grenze. 22 Kinder der Schule t'Stekske saßen im vorderen Teil des Unglücksbusses, unter ihnen waren auch zehn Kinder aus den Niederlanden. Nur vier konnten ihre Eltern telefonisch erreichen. Über das Schicksal ihrer Klassenkameraden, alle im Alter zwischen elf und zwölf Jahren, herrscht bis zum frühen Nachmittag noch Unklarheit. Der Bürgermeister von Löwen, Louis Tobback, wirft den Behörden vor, die Angehörigen in schrecklicher Sorge zu lassen. Die Schulen sammeln Fotos von den Kindern und übergeben sie dem Außenministerium, damit die Opfer identifiziert werden können.

Belgiens Regierungschef Di Rupo erklärte am Nachmittag, von den 52 Insassen des Unglücks-Busses sei auch einer mit deutscher Nationalität.

Das Drama hat das ganze Land in tiefe Bestürzung versetzt. «Alle Belgier teilen unsere große Trauer, es gibt keine Worte, um die Gefühle auszudrücken», sagt ein sichtlich ergriffene Regierungschef Di Rupo in Brüssel am Nachmittag, bevor er an den Unglücksort fliegt. Wegen der Schwere der Katastrophe beschließt die Regierung, dass es einen nationalen Trauertag geben wird.

König Albert II. fährt zum Militärflughafen von Melsbroek bei Brüssel, und versucht dort die Angehörigen der Opfer zu trösten. Von dort werden diese am Nachmittag mit Sonderflügen zunächst nach Genf geflogen, und dann weiter zu ihren verletzten oder toten Kindern gebracht.

In den belgischen Fernsehsendern werden immer wieder die Bilder des zerschmetterten Busses gezeigt, der am Dienstagabend in einem Tunnel der A 9 nahe der Stadt Siders gegen eine Wand geprallt war. 52 Menschen saßen in dem Bus. Die beiden Fahrer sind unter den 28 Todesopfern. Das Reiseunternehmen Toptours habe einen «exzellenten Ruf», sagt Verkehrsminister Melchior Wathelet. Die Fahrer seien ausgeruht und der Bus relativ neu gewesen.

Die Fragen nach der Unglücksursache werden am Mittwoch noch vom Schock über das schreckliche Drama verdrängt. Die Kinder waren auf dem Rückweg ihrer «Schneeklasse», wie die Skiausflüge der belgischen Schulen genannt werden. Die Schneeklassen sind für viele Schüler der Höhepunkt im letzten Grundschuljahr.

Die Kinder, die nun verunglückten, hatten in einem Blog ihre Erlebnisse geschildert. «Heute war es absolut großartig», schrieb ein Mädchen. «Der Abenteuerspaziergang war anstrengend aber mega cool. Wir haben den ersten Preis für das sauberste Zimmer gewonnen. Morgen wird es noch kälter. Byyyeee!»

Am fünften Tag machte ein Lehrer einen Eintrag, wohl auch, um die Eltern zu Hause zu beruhigen. «Bis jetzt gibt es kaum Heimweh», schrieb er. «Trotzdem werden Sie von Ihren Kindern ein bisschen vermisst.»