Aus Protest gegen zwei geplante Internet-Gesetze in den USA stellt die englischsprachige Wikipedia ihren Dienst für 24 Stunden ein. Mit der vorübergehenden Stilllegung wehrt sich der Betreiber des Online-Lexikons gegen die Gesetzentwürfe, die sich gegen Piraterie und Fälschungen richten.

Aus Protest gegen zwei geplante Internet-Gesetze in den USA stellt die englischsprachige Wikipedia ihren Dienst für 24 Stunden ein. Mit dem vorübergehenden Abschalten wehrt sich der Betreiber des Online-Lexikons gegen die Gesetzentwürfe, die sich gegen Piraterie und Fälschungen richten. Nach Meinung von Wikipedia-Gründer Jimmy Wales bedrohen diese die Zukunft des Internets. Anstelle der gewünschten Informationen werden Leser der englischsprachigen Seite ab Mitternacht US-Ostküstenzeit (Mittwoch 6.00 Uhr MEZ) für 24 Stunden die Aufforderung vorfinden, mit ihren Abgeordneten Kontakt aufzunehmen und ihm die Ablehnung der beiden Entwürfe nahe zu legen.

Gegenwärtig werden im Repräsentantenhaus das „Stop Online Piracy Act“ (Sopa) und im Senat das „Protect Intellectual Property Act“ (Pipa) debattiert. Bei beiden Gesetzesentwürfen soll es darum gehen, den Missbrauch urheberrechtlich geschützter Inhalte im Netz zu bekämpfen. Mit der Online-Enzyklopädie bekommen die Gegner einen namhaften Unterstützer. In einem Interview erklärte Wales: „Das ist eine ziemlich plumpe Gesetzgebung, die gefährlich für ein offenes Internet ist.“ Die beiden Vorhaben gingen zu weit und könnten es für Anbieter wie Wikipedia erschweren, Informationen wie gehabt auszutauschen. Wikipedia-Schreiber und -Redakteure hatten über das Abschalten abgestimmt und sich mehrheitlich dafür entschieden. Täglich besuchen laut dem Institut comScore etwa 25 Millionen Menschen aus aller Welt das englischsprachige Angebot.

Aktion stärkt Bewegung gegen SOPA

Die Aktion der Wikipedia dürfte die Bewegung gegen den Stop Online Piracy Act (SOPA) des US-Repräsentantenhauses und den Protect Intellectual Property Act (PIPA) des Senats stärken. Die Website gehört schließlich zu den beliebtesten Anlaufstellen im Netz. Auch Konzerne wie Google, Facebook, Yahoo, Twitter, eBay und AOL haben sich schon gegen die Gesetze ausgesprochen, die nach ihrer Ansicht ihr Geschäft gefährden. Der Abschaltung am Mittwoch für einen Tag wollen sich auch andere Online-Netzwerke in den USA anschließen.

Die beiden Gesetzespakete haben das gleiche Ziel: Der Verkauf von Raubkopien von US-Produkten im Ausland soll unterbunden werden. Unterstützt werden die Gesetze von der US-Film- und Musikindustrie. Der illegale Verkauf ihrer Produkte verletze Urheberrechte und vernichte Arbeitsplätze in den USA.

US-Regierung schließt sich Kritik an

Die hinter der Wikipedia stehende Stiftung Wikimedia kritisierte aber in einer Erklärung, wenn die Gesetzgebung beschlossen werde, schade das dem „freien und offenen Internet“. Mittel zur Zensur internationaler Websites würden in die USA gebracht. „Das ganze ist eine schlecht gemachtes Durcheinander“, schrieb Wales in einer E-Mail an die Nachrichtenagentur AP.

Die meiste Kritik richtet sich gegen SOPA, den Gesetzentwurf des Repräsentantenhauses. Er erlaubt es den US-Behörden, eine Schwarze Liste mit Websites zu erstellen, die angeblich Raubkopien verbreiten. Damit würden Teile des Internets US-Bürgern vorenthalten, heißt es. Allerdings scheint die Führung des US-Kongresses von diesem Teil des Vorhabens schon wieder Abstand zu nehmen.

Der Kritik angeschlossen hat sich am Wochenende auch die Regierung von Präsident Barack Obama. Sie erklärte, sie werde mit dem Kongress zusammenarbeiten, um Raubkopien zu bekämpfen und gleichzeitig die Freiheit des Internets aufrecht zu erhalten. (abendblatt.de/dpa/dapd/rtr)