London. Die Anwendung des achten Gebots, "Du sollst nicht stehlen" hat ein britischer Pfarrer bei äußersten Notfällen aufgehoben. Tim Jones von der anglikanischen St.-Lorenz-Gemeinde in York zeigte in seiner Predigt vom 4. Adventssonntag Verständnis für arme Mitbürger. Er verkündete, dass es für in Not geratene Menschen in der Rezession besser sei, "Ladendiebstahl zu begehen, als sich auf Prostitution, Straßenraub oder Einbruch zu verlegen." "Ich rate freilich", so fuhr Referent Jones fort, "nicht mehr zu nehmen als benötigt, und auch nur so lange wie nötig". Der Ladendieb möge sich im Übrigen an die großen Einkaufsketten halten und die kleinen Eckläden verschonen.

Seine Empfehlung falle ihm schwer genug, sagte der Geistliche, denn weder halte er Diebstahl für eine gute noch für eine harmlose Sache: "Aber mein Rat widerspricht keineswegs dem achten Gebot, denn Gottes Liebe für die Armen und Erniedrigten wiegt allemal das Eigentumsrecht der Reichen auf."

Gewagte Worte, die ganz neue Perspektiven der Bibelinterpretation eröffnen. Aber Pfarrer Tim ließ nicht locker: Dass Ladendiebstahl inzwischen für manche Menschen "die beste Option" sei, hält er für ein grimmiges Indiz, "wie weit es mit uns gekommen ist". Die Gesetzeshüter konterten umgehend: "Ladendiebstahl ist ein strafwürdiges Vergehen", schoss ein Sprecher der North-Yorkshire-Polizei zurück, "und so etwas unter welchen Umständen auch immer zu rechtfertigen ist in höchstem Maße unverantwortlich." Auch die Abgeordnete des entsprechenden Unterhauswahlkreises kritisierte den Geistlichen: "Ladendiebstahl ist ein Verbrechen gegen die örtliche Gemeinde und gegen die Gesellschaft insgesamt." Ein gesetzliches Nachspiel bleibt abzuwarten.