Gesperrte Flughäfen, Verspätungen bei der Bahn, Chaos auf den Straßen - und die Aussichten sind durchwachsen.

Hamburg. Während viele Menschen in der riesigen Abflughalle des Frankfurter Flughafens noch zwischen Gepäck und Jacken auf Feldbetten dösten, trat Dorothee Schäfle (63) angespannt auf der Stelle. Gestern Vormittag versuchte sie bis zum Schalter voranzukommen, um einen Weiterflug zu ergattern. Doch für zehn Meter in der Schlange brauchte sie an diesem Morgen gut und gerne eineinhalb Stunden. "Ich kann nicht mehr, es ist zum Verzweifeln", stöhnte die 63-Jährige.

Wie Dorothee Schäfle ging es gestern vielen Passagieren am Flughafen Frankfurt/Main. Am Abend zuvor, um 22 Uhr, hatten die Betreiber entschieden, dass der Flugverkehr auf allen drei Start- und Landebahnen einzustellen sei. Obwohl 300 Arbeiter in drei Schichten versuchten, die Bahnen vom Schnee zu befreien, kamen sie gegen die weißen Massen einfach nicht mehr an. Jürgen Harrer, der Sprecher der Betreibergesellschaft Fraport, erklärte: "Es muss sichergestellt werden, dass die Bahnen schnee- und eisfrei sind." Das sei zum Zeitpunkt der Entscheidung nicht mehr gewährleistet gewesen. Bei den 8000 Reisenden, die damit plötzlich festsaßen, löste das keine Begeisterung aus, wobei die Stimmung insgesamt als "gelassen" beschrieben wurde. Patrick Meschenmoser, Sprecher der Lufthansa: "Es war eine außergewöhnliche Situation und eine große Belastung für alle."

5000 Menschen hatten Glück und fanden Unterschlupf in einem der umliegenden Hotels. Die restlichen 3000 Passagiere mussten es sich dagegen auf Feldbetten, Decken und Gepäck so bequem wie möglich machen. Einige harrten auch in den startbereiten Flugzeugen aus.

Normalerweise werden in Frankfurt an einem Tag 1300 Flüge abgefertigt, doch aufgrund des Wetters fielen allein gestern Vormittag 120 Flüge aus. Und obwohl der Frankfurter Flughafen gestern am frühen Morgen wieder freigegeben wurde, meldeten Betreiber und Fluggesellschaften den ganzen Tag Verspätungen. Auch vereinzelte Ausfälle waren weiter an der Tagesordnung. Viele Passagiere zeigten sich unzufrieden mit der Organisation vor Ort. Dorothee Schäfle: "Am Montag fand ich das noch sehr geordnet." Gestern sei der Ablauf allerdings absolut chaotisch gewesen. "Hier weiß niemand Bescheid." Jindrich Fanfrlik (29) pflichtete ihr bei: "Alle sagen etwas anderes, wir wissen nicht einmal, in welche Schlange wir uns stellen sollen." Andere beschwerten sich, dass insgesamt viel zu wenig Leute vor Ort seien, um einen reibungslosen Ablauf zu organisieren.

Auch in anderen deutschen Städten kämpften die Flughäfen mit den unerfreulichen Nebenwirkungen des weißen Winters. Während sich in Düsseldorf die Situation im Vergleich zu Montag entspannte, kam es in Hamburg zu Verspätungen von bis zu einer Stunde. Eine Sprecherin versicherte: "Es wird geräumt, es wird enteist." Allerdings mussten fünf Flüge ganz gestrichen werden, was mehr an der Sperrung der Zielflughäfen lag. Der Berliner Flughafen Tegel zum Beispiel wurde am Vormittag von Blitzeis überrascht. 13 Flüge mussten während der einstündigen Vollsperrung auf den Flughafen Schönefeld umgeleitet werden, bis die Start- und Landebahnen enteist waren. Wie die Deutsche Flugsicherung erklärte, sind vereiste Pisten nur eines von mehreren Problemen, die den Flugverkehr bei dieser Wetterlage beschäftigen. Auch die Flugzeuge selbst müssen erst mit Spezialmitteln enteist werden. Mit diesen wetterbedingten Problemen kämpfte auch der Rest Europas. Die Flughäfen in Mailand, London und Amsterdam wurden zeitweise gesperrt.

Deutschland zeigte sich gestern beim Blick aufs Thermometer zweigeteilt: Während im Südwesten Temperaturen von bis zu 13 Grad gemessen wurden, blieb es im Nordosten mit bis zu minus vier Grad weiter frostig. Wetter extrem hieß es in Freiburg: Dort stieg die Temperatur innerhalb von zweieinhalb Tagen um 34 Grad Celsius.

Die Wettervorhersage des Deutschen Wetterdienstes ist nicht sehr tröstlich. Wie schon befürchtet, wird Deutschland über die Festtage weiter mit Schneeregen, Matsch und überfrierender Nässe zu tun haben. Nur im Norden und Nordosten könnte ein wenig Schnee eine weiße Weihnacht bescheren. Allerdings müssen die Autofahrer weiterhin mit Glätte und möglicherweise Blitzeis rechnen.

Bereits am Montag hatte der ADAC einen Notruf-Rekord gemeldet. Alle drei Sekunden bat ein Autofahrer um Hilfe, in 90 Prozent der Fälle sprang das Auto nicht an. Auch gestern kam es zu schweren Unfällen und Staus. Allein in Mecklenburg-Vorpommern gab es am Vormittag 20 glättebedingte Unfälle. In Niedersachsen war die Autobahn 7 bei Hildesheim komplett gesperrt, da ein Lkw durch die Mittelleitplanke gebrochen und auf die Gegenfahrbahn geraten war.