Tübingen. Die Stadt ist eine Legende, Brad Pitt (45) durfte sie im Film schon stürmen und sogar ein Computerschädling ist nach ihr, besser ihren Einwohnern benannt. Die Rede ist natürlich von Troja, dem Ort, dem Homer in seinem Buch "Ilias" ein Denkmal setzte. Heute ist von Troja nicht mehr viel übrig, jedenfalls nicht an der Erdoberfläche. Aber in drei Meter Tiefe stößt man auf Mauern, Gefäße und auch mal einen Oberschenkelknochen. Deshalb reisen jedes Jahr Archäologen in den Nordwesten der Türkei, wo die Grabungsstätte auf einem Hochplateau darauf wartet, erforscht zu werden.

Nachdem schon Heinrich Schliemann mit seinen Funden berühmt geworden ist, hat nun erneut ein deutscher Archäologe eine spektakuläre Entdeckung gemacht. Ein Grab, zwei Skelette, ein Befestigungsgraben und die Gewissheit, dass es noch viel zu finden gibt - Ernst Pernicka, Professor der Universität Tübingen und Leiter der diesjährigen Expedition, ist hoch zufrieden. Er hofft: "Es könnte der Zipfel eines ganzen Gräberfeldes sein." Bei den beiden Skeletten handelt es sich um einen Mann und eine Frau im Alter zwischen 25 und 30 Jahren. Woran sie starben, ist nicht klar, doch eine Altersanalyse mit der Radiocarbon-Methode datierte ihren Tod zwischen 2000 und 1800 v. Chr., also auf die Spätbronzezeit. Zudem fand man heraus, dass es sich wahrscheinlich um alte Bekannte handelt, denn ein vor einem Jahr gefundener Oberschenkelknochen konnte einem der Skelette jetzt zugeordnet werden.

Die beiden Trojaner stellen eine echte Besonderheit dar, denn über die Periode, in der sie gelebt haben, ist wenig bekannt. Gräber wurden bis auf sehr wenige Ausnahmen überhaupt noch nicht entdeckt. Immer wieder gibt es unter den Forschern zudem Streit über die Größe und kulturelle Bedeutung des damaligen Trojas. Doch auch in dieser Hinsicht konnten die Grabungen von Juli bis September dieses Jahres, an der 44 Wissenschaftler und Techniker aus acht Ländern beteiligt waren, wichtige Hinweise liefern. Denn entdeckt wurden die beiden Skelette am Rande eines Verteidigungsgrabens im Südosten der Stadt, der wohl eine Fläche von etwa 35 Hektar umschloss. Er wurde gegen 1500 v. Chr. angelegt - anscheinend einmal quer durch die Grabanlage -, war vier Meter breit und zwei Meter tief. Allerdings wurde das Bauwerk schon 200 Jahre später wieder zugeschüttet und weiter nach außen verlegt. Das spricht dafür, dass Troja in dieser Zeit stark wuchs und Platz für mehr Einwohner benötigte. Die Wissenschaftler wollen nun natürlich weitersuchen und vor allem klären, "ob der Graben, ähnlich wie am Südtor, mit einer inneren Palisade verstärkt war". Was auch immer sie finden, es wird den Mythos der Stadt nur vergrößern.