Obwohl nur jeder vierte Deutsche sich gegen Schweinegrippe impfen lassen will, verzeichnet Österreich einen Zustrom impfwilliger Deutscher.

München. Einer Umfrage zufolge hält nur jeder vierte Deutsche eine Schweinegrippe-Impfung für nötig. Dennoch versuchen zahlreiche Menschen aus Südbayern angesichts der Engpässe bei der Zuteilung der Schweinegrippe-Impfdosen nach Österreich auszuweichen. Alle vier an Bayern angrenzenden österreichischen Bundesländer, allen voran Tirol, verzeichnen Anfragen von Impfwilligen, berichtet die ddp.

Das österreichische Gesundheitsministerium hat dem "Impftourismus" per Erlass jedoch enge Grenzen gesetzt. Nicht-Österreicher werden nur geimpft, wenn sie einen Wohnsitz in Österreich haben oder dort arbeiten und krankenversichert sind.

Besonders das aus der Region München schnell zu erreichende Bundesland Tirol verzeichnet viele bayerische Impftouristen. "Hunderte Anrufe" seien eingegangen, wie der zuständige Landessanitätsdirektor Christoph Neuner berichtet. "Wir hätten gerne alle geimpft, aber wir haben leider zu wenig Impfstoff." Auch im Bundesland Salzburg gibt es schon Anfragen, wie die Pressesprecherin der Salzburger Gebietskrankenkasse, Karin Hofer, sagt. Die Impfwilligen reagierten "teilweise verständnislos", wenn ihnen die Bedingungen für eine Impfung in Österreich erläutert würden. Hofer verweist darauf, dass die Impfdosen in jedem Land in Relation zur Bevölkerungszahl bestellt worden seien. "In Stadt und Land Salzburg leben rund 500 000 Menschen, in Bayern rund 12,5 Millionen. Wenn nur ein Bruchteil der Bayern bei uns geimpft würde, hätten wir keinen Impfstoff mehr für unsere Bevölkerung", so Hofer.

Der Internist Klaus Boha, der im oberbayerischen Bischofswiesen, unweit von Salzburg, eine Praxis betreibt, hat Verständnis für den Impftourismus. "Wir im Südosten Bayerns haben große Fallzahlen, aber keinen Impfstoff", klagt der Mediziner. Die Engpässe bei der Verteilung der Impfdosen erinnerten ihn an die DDR. Der Mediziner sagte wörtlich: "Das ist wie im Osten, als die Menschen Schlange standen für ein Stück Schinken."

Nach Angaben des Gesundheitsministeriums in München sind im Kampf gegen die Schweinegrippe in Bayern bislang 604 000 Impfdosen verteilt worden. Weitere 212 000 Einheiten würden ab heute den Großhandel und erste Apotheken erreichen. Der Hersteller des in Bayern verwendeten Impfstoffes hatte bereits in der vergangenen Woche Produktionsprobleme eingeräumt.

Insgesamt hält ein großer Teil der Bevölkerung eine Impfung gegen Schweinegrippe nach wie vor nicht für notwendig. 43 Prozent würden sich auf keinen Fall gegen die Schweinegrippe impfen lassen, ergab eine am Freitag veröffentlichte Umfrage von Infratest dimap im Auftrag des ARD-Morgenmagazins. Damit ist die Zahl derjenigen, die eine Impfung ablehnen, im Vergleich zum Oktober sogar gewachsen. Mitte Oktober gaben noch 39 Prozent an, sich nicht impfen zu lassen. Befragt wurden am Dienstag und Mittwoch tausend Bundesbürger.

Angesichts der Ausbreitung der Schweinegrippe und des Ansturms von Impfwilligen auf die Praxen sollen die Ärzte von Verwaltungsaufgaben entlastet werden. Nach einer neuen Verordnung des Bundesgesundheitsministeriums entfällt bei Verdachtsfällen und Grippekranken ohne Labornachweis von Samstag an die Meldepflicht. Den Gesundheitsämtern müssen danach nur noch Todesfälle gemeldet werden, die in Verbindung mit der Schweinegrippe stehen, außerdem Patienten, bei denen die Infektion aufgrund von Laboruntersuchungen eindeutig nachgewiesen wurde.

Unterdessen ist in Frankreich nach dem Beginn der landesweiten Impfungen gegen die Schweinegrippe ein Fall einer Nervenkrankheit aufgetreten, die durch das Grippemittel ausgelöst werden kann. Ein geimpfter Patient sei „wahrscheinlich“ an dem so genannten Guillain-Barré-Syndrom erkrankt, teilte das französische Gesundheitsministerium am Donnerstagabend in Paris mit. Es handele sich aber um eine schwache Form und die Situation des Erkrankten entwickele sich „günstig“. Noch sei auch nicht sicher, ob die Krankheit wirklich durch die Impfung ausgelöst worden sei.