Im Fall der Neunjährigen, die in Velbert mit viel Glück schwerverletzt aus einem Gully gerettet wurde, gibt es noch keinen Hinweis auf einen Täter.

Mettmann/Velbert. Mysteriöses Verbrechen an der kleinen Kassandra: Nach der Rettung der lebensgefährlich verletzten Neunjährigen aus einem Kanalschacht in Velbert bei Essen steht die Polizei vor einem Rätsel. Die Ermittler hatten am Mittwoch weder eine Spur des Täters, noch konnten sie den Tatablauf klären. Ein Sexualdelikt schlossen sie zunächst aus. Das Mädchen wurde in ein künstliches Koma gelegt. Die rätselhafte Gewalttat löste in dem bergischen Ort Verunsicherung aus.

Das Mädchen sei vollständig bekleidet und weder gefesselt noch geknebelt gewesen, als Spürhund „Christo“ es in der Nacht zu Dienstag in 1,50 Meter Tiefe in dem Schacht gefunden habe, berichtete der Leiter der Mordkommission, Wolfgang Siegmund in Mettmann. Aus dem mit einem schweren Gullydeckel verschlossenen Schacht sei ein leises Wimmern zu hören gewesen. Die Grundschülerin habe ein schweres Schädel-Hirn-Trauma, schlimme Verletzungen im Bauchraum und sei stark unterkühlt gewesen. „Man muss davon ausgehen, wäre sie nicht so schnell gefunden worden, wäre sie wohl gestorben“, sagte Siegmund. Sie schwebe nicht mehr in Lebensgefahr, ihr Zustand sei stabil. Von den Ermittlern konnte sie aber noch nicht befragt werden. „Wir hoffen, dass das Kind erwacht und uns etwas sagen kann“, sagte Siegmund.

Bei der Suche nach dem Motiv für die Tat tappen die Ermittler im Dunkeln. Ein Jugendlicher, der in diesem Zusammenhang genannt worden sei, wurde als Zeuge befragt. Gegen ihn bestehe kein Tatverdacht. Dieser Fall habe ihn „von seiner Art und Anlage“ sehr erschreckt, obwohl er in seiner mehr als 20-jährigen Berufszeit schon Einiges erlebt habe, sagte Siegmund.

Das lebensgefährlich verletzte Mädchen habe wenige hundert Meter von ihrem Elternhaus entfernt offenbar mehrere Stunden in dem Schacht gelegen. „Nach 10, 15 oder 20 Stunden wäre das Kind verstorben.“ Wegen des starken Regens hätte das Mädchen ertrinken können, sagte Siegmund. Keine Angaben machten die Ermittler dazu, ob Kassandra in dem Schacht mit Steinen bedeckt war und ob der Kanaldeckel mit Gestrüpp getarnt war.

Staatsanwalt Heribert Kaune-Gebhardt wertete das grausame Verbrechen als versuchtes Tötungsdelikt. Da der schwere Gullydeckel wieder auf den Schacht gelegt worden sei, müsse der Täter davon ausgegangen sein, dass das Kind in seiner aussichtslosen Lage stirbt.

Kassandra hatte am Montagnachmittag wie so oft den offenen Kinder- und Jugendtreff „Treff 51“ in der ehemaligen Volksschule an der Tönisheider Straße im Ortsteil Neviges besucht. Sie sei an diesem Tag alleine mit drei Betreuern dort gewesen. Die Betreuer hätten nicht mitbekommen, wann und wie die Neunjährige die Stätte wieder verlassen habe. Zuletzt sei sie dort gegen 17.30 gesehen worden. Die Ermittler gehen davon aus, dass das Mädchen direkt nach Verlassen des Gebäudes auf seinen Peiniger traf und gar nicht erst den Heimweg antrat. „Bei dem Täter dürften wohl Ortskenntnisse vorgelegen haben“, sagte Siegmund.

In Neviges löste die Nachricht von dem grausamen Verbrechen an der kleinen Kassandra große Unruhe aus. „Die Menschen sind in großer Sorge“, sagte Ulrich Koch von der Polizei in Mettmann. Die Polizei zeige deshalb nun verstärkt Präsenz.