Überfüllte Waggons, gesperrte Strecken: Das S-Bahn-Chaos in Berlin ist perfekt. Jetzt verspricht die Bahn für Donnerstag Linderung.

Berlin. Trotz massiver Technikausfälle will die S-Bahn in Berlin am Donnerstag im festen Takt fahren. Man habe vor, nach einem stabiler Notfahrplan zu verkehren, sagte eine Sprecherin der zuständigen Bahn am Mittwoch in Berlin. Eigentlich hatte es bereits am Mittwoch einen derartige Notfahrplan geben sollen. Weil defekte Bremsen repariert werden müssen, hatte die Berliner S-Bahn am Mittwoch lediglich rund 320 Wagen einsetzen können. Das entspricht einem Viertel ihrer gesamten Flotte. Als Folge waren die S-Bahnen in Berlins Innenstadt auch am Mittwoch überfüllt. Viele Pendler nutzten allerdings auch U-Bahnen, Busse oder das eigene Auto.

Die Staatsanwaltschaft weitete unterdessen ihre Ermittlungen gegen frühere S- Bahn-Verantwortliche aus. Sie geht jetzt auch der Frage nach, wer für die Versäumnisse bei der Wartung der Bremsen verantwortlich ist. Für Technik-Fragen ist beim Mutterkonzern Deutsche Bahn seit Mittwoch der 53 Jahre alte Ingenieur Volker Kefer zuständig. Das Abgeordnetenhaus will in einer Aktuellen Stunde am Donnerstag über den Notstand im Nahverkehr der Hauptstadt beraten.

Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) kritisierte das bundeseigene Unternehmen scharf: „Die Bahn wird offensichtlich ihrer Verantwortung nicht gerecht“, einen reibungslosen Verkehr sicherzustellen, sagte Ministeriumssprecher Rainer Lingenthal. „Wir erwarten, dass es da einen Wechsel gibt auch in der Politik der Bahn.“ Das Ministerium prüfe die Verantwortung und fordere vom Aufsichtsrat, die Zustände möglichst schnell abzustellen. Verkehrssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) kündigte an, das Land Berlin werde für September 15 Millionen der sonst monatlich fälligen 20 Millionen Euro einbehalten. Nachverhandlungen zum Verkehrsvertrag mit der S-Bahn „sind vorbereitet und beginnen noch in dieser Woche“, teilte Junge-Reyer mit. Dabei wolle der Senat erreichen, dass er seine Zahlung bei Qualitätsmängeln künftig in unbegrenzter Höhe kürzen kann – derzeit gelte eine Grenze von 12 Millionen Euro, sagte sie.

Die Gewerkschaft Transnet forderte von der Deutschen Bahn eine Neuorganisation der gesamten Instandhaltung bei der Berliner S-Bahn. „Nach den gesamten Problemen zeigt sich, dass der Schlüssel der Probleme unter anderem im Abbau von Werkstattkapazitäten liegt“, erklärte Transnet-Vorstand Reiner Bieck. Wichtig seien zudem ausreichende Investitionen in moderne Technik und mehr Personal notwendig. Ähnlich sieht es der Vorsitzende der Lokführergewerkschaft GDL, Claus Weselsky. Außer Investitionen sei ein tragfähiges Nahverkehrskonzept erforderlich, sagte er in Frankfurt am Main.

Für Ende September beantragte Transnet eine außerordentliche Sitzung des S-Bahn-Aufsichtsrates. Der Berliner Staatsanwaltschaft liegen „eine Reihe von Anzeigen“ gegen S-Bahn-Verantwortliche vor, wie ihr Sprecher sagte. Ermittelt werde wegen Gefährdung des Bahnverkehrs.