Familie ließ die 200 Trauergäste 90 Minuten warten. Auch Elizabeth Taylor war zur Feier in Glendale erschienen.

Los Angeles. 70 Tage nach seinem Tod, 51 Jahre und fünf Tage nach seiner Geburt, hat Michael Joseph Jackson seinen letzten Auftritt absolviert - wie er seine Karriere als Kinderstar begonnen hatte: im engsten Kreis von Familie und Freunden, abseits der Kameras. Die letzten Bilder zeigten den vergoldeten Sarg unter weißen Blumenarrangements, dick aufgetürmt wie ein Federbett, unter einer juwelenbesetzten Krone, die seine Kinder Paris (11), Prince Michael (12) und "Blanket" (7) auf den Sarg gelegt hatten. Allein CNN berichtete atemlos, im geflüsterten Tonfall zwischen Pietät und Golfturnier, und am Ende bilderlos. Das Begräbnis des einstigen "King of Pop" war keine Staatsaktion, fast kleinlaut und weitab von rund 200 seiner treuesten Fans, die an den schmiedeeisernen Gittern des Prominentenfriedhofs Forest Lawn ausgeharrt hatten. In ihrer Zahl um das doppelte übertroffen von frustrierten, ebenfalls ausgesperrten Reportern.

Um gut 90 Minuten verspätet war die aus 31 Limousinen bestehende Kolonne der Jacksons aus ihrem Anwesen in Encino am Friedhof rund 14 Kilometer nördlich vom Zentrum von Los Angeles eingetroffen. Niemand erklärte die Verspätung. Die Dämmerung kühlte gnädig am Ende eines schwülheißen Tages betagte Trauergäste wie Elizabeth Taylor (77), einst selbst berühmt dafür, als Letzte zu erscheinen. Sie mochte eigenen Gedanken nachhängen so nahe bei Humphrey Bogart, James Stewart, Clark Gable, Spencer Tracy und den anderen. Sie sind in dem wohl gesicherten Friedhof, der diesen Namen als zu düster ablegte und sich "Memorial" nannte, fern von Fans und Grabräubern begraben. Sam Cooke, Art Tatum, Nat King Cole liegen dort, eine geschlossene Gesellschaft hinter edlen Gittern. Viel wurde hergemacht von der Kopie des "Abendsmahls" von Leonardo auf dem Kirchenfensterglas des Mausoleums. Die Pietà und Michelangelos David sollen gleichfalls in Kopie die opulente Grabstätte bewachen, die seit ihrer Gründung 1906 zur letzten Spielstätte der Hollywoodstars wuchs. Die Betreiber des Memorials garantieren Diskretion und jederzeit "guten Geschmack".

Zu der Geschmacksicherheit der Jacksonfamilie zählten wohl die taubengrauen Livrees der Handlanger, ein CNN-Kommentator erkannte Tänzer von Jacksons Show in ihnen. Von erlesenem Geschmack zählte auch die Aufmachung der Familie selbst: Jacksons Brüder trugen Bühnenkleidung, sämtlich einen weißen, glitzernden Handschuh und rote Krawatten; Vater Joe (80), der von Michael ungeliebte Tyrann aus Las Vegas, trug dasselbe kecke Hütchen wie immer; Mutter Katherine (79), die das Sorgerecht für die Kinder erhielt, wirkte als Einzige erschüttert. Nur mit großer Mühe konnte sie zu ihrem Platz auf den weißen Klappstühlen geführt werden; Beobachter waren nicht sicher, ob Katherine Jackson das Mausoleum selbst betrat. Es heißt, sie sei im letzten Moment umgekehrt. Paris weinte, wie bei der öffentlichen Trauerfeier am 7. Juli vor 20 000 Fans in Los Angeles, als man sie vor das Mikrofon schob, um eine schluchzende Liebeserklärung an ihren Vater abzugeben. Die Gesichter der Kinder, von Michael Jackson lange Jahre vor ihrer Enthüllung gehütet, sind in der Trauer erst bekannt geworden.

Gladys Knight sang das Kirchenlied "Our Father (The Lords Prayer)" und rührte, laut Augenzeugen, viele Trauernde zu Tränen. Lisa Maria Presley (41), Jacksons erste, recht flüchtige Ehefrau, war unter den 200 Trauergästen. Stevie Wonder (59) wurde gesehen, auch Macaulay Culkin (29), der in Not und Drogensucht geratene Kinderstar von "Allein zu Haus". Debbie Rowe (50), die Mutter von zweien der Kinder, war nirgends zu entdecken. Man sah die Trauergemeinde aus der Perspektive einer Kamera in rund 1000 Meter Höhe in einem Zeppelin. Man schwätzte, fächelte Kühlung oder brütete stumm vor sich hin, wie Liz Taylor, um die sich, mindestens vor den Kameras, nie jemand kümmerte. Die Szene hatte etwas Würdeloses, Erschöpftes. Dazu passt, dass bis zuletzt um das Geld für das Begräbnis gestritten wurde. Auf 150 000 Dollar schätzte ein Polizeisprecher die Kosten, zuzüglich der Stundenlöhne für die Polizisten aus Los Angeles. Anwälte Jacksons mussten vor einem Richter beweisen, dass die "außerordentlichen Kosten für einen außerordentlichen Mann", insgesamt rund eine Million Dollar, aus Jacksons Nachlass gezahlt werden müssten.

Elvis Presley, Jacksons Schwiegervater post mortem, war 42, als er am 17. August 1977 an einem Herzinfarkt starb. Man fand 14 verschreibungspflichtige Medikamente in seinem Körper, zehn in hoher Dosierung. Bei Michael Jackson, gestorben an Vergiftung, werden die Substanzen indessen noch gezählt.