Der Anwalt der Frau des Entführers erklärt seine Mandantin ebenfalls zum Opfer. Welche Rolle sie wirklich spielte, muss jetzt geklärt werden.

San Francisco. Es muss Jaycee Lee Dugard und ihrer Familie wie Hohn vorkommen. 18 Jahre wurde die junge Frau von Nancy und Phillip Garrido gefangen gehalten und vergewaltigt. Sie brachte zwei Kinder zur Welt und lebte mit ihnen in einem verdreckten Hinterhof, durch Planen verborgen vor Blicken der Nachbarn. Doch nun erklärte Nancy Garridos Anwalt Gilbert Maines in einem Interview, seine Mandantin sei ebenfalls ein Opfer ihres Mannes gewesen. Nach der Verhaftung sei sie "bestürzt, verängstigt und etwas verloren". Schließlich "hat sie die Mädchen sehr geliebt, und sie hat Jaycee sehr geliebt".

Während kaum jemand bezweifelt, dass sie Phillip Garrido hörig war - Garridos Bruder spricht sogar von einem "sektenähnlichen Einfluss" seines Bruders - ist die Definition von Opfer in Bezug auf Nancy Garrido mehr als fragwürdig. Bei der Entführung der damals elf Jahre alten Jaycee saß sie mit im Auto. Sheriff Fred Kollar: "Sie war die Frau im Fahrzeug. Die Beschreibung trifft genau auf sie zu."

Zudem wanderte ihr Ehemann, den sie während seiner ersten Haftstrafe im Gefängnis kennengelernt hatte, 1995, zwei Jahre nach der Entführung, wegen Verstoßes gegen die Bewährungsauflagen hinter Gitter. In dieser Zeit passte Nancy auf das Opfer auf. Ermittler gehen auch davon aus, dass die gelernte Schwesternhelferin dem Mädchen bei den Geburten ihrer Töchter half, deren Vater Phillip Garrido ist.

Nach Aussagen eines Ermittlers ist nicht auszuschließen, dass noch weitere Geburten stattfanden. "Es ist unwahrscheinlich, dass ein junges Mädchen, das nicht verhütet, in dieser Zeit nur zweimal schwanger wird." Die Babys seien womöglich Jungen gewesen, die Phillip Garrido als Bedrohung angesehen haben könnte. Ermittler wollen nun Jaycee zu weiteren Kindern befragen. Die junge Frau hält sich mit ihren beiden Töchtern und ihrer Mutter Terry Probyn an einem unbekannten Ort auf, wo sie von Ärzten und Psychologen betreut werden. Die Großmutter des Entführungsopfers, Joan Curry, sagte der Zeitschrift "People", dass es allen "sehr gut" gehe. Ihre Tochter habe Jaycee und deren Mädchen "wie eine Glucke" um sich herum geschart. "Und so wird es wohl eine Zeit lang weitergehen."