Ein „Institut für Wissenschaftsberatung“ soll 100 Hochschullehrern Schmiergelder für die Vergabe von Doktortiteln gezahlt haben.

Köln/Berlin. Bundesweit stehen rund 100 Professoren wegen des Verkaufs von Doktortiteln im Visier der Justiz. Ihnen werde vorgeworfen, möglicherweise ungeeignete Kandidaten als Doktoranden angenommen zu haben, sagte der Kölner Oberstaatsanwalt Günther Feld am Sonntag und bestätigte Medienberichte. In Berlin soll auch die Freie Universität (FU) betroffen sein. Ein „Institut für Wissenschaftsberatung“ in Bergisch Gladbach soll den Hochschullehrern Schmiergelder gezahlt haben. Ermittler hatten bereits im März 2008 den Sitz des Instituts durchsucht.

„Wir haben nach der Razzia eine Unmenge an Material ausgewertet“, sagte Feld. „Dabei hat sich der konkrete Verdacht gegen die jetzt Beschuldigten ergeben.“ Bei ihnen handelt es sich um Wissenschaftler unterschiedlichster Fachrichtungen. Die meisten Verdächtigen seien keine sogenannten ordentlichen Professoren, sondern Aushilfsprofessoren oder Privatdozenten. Sie sollen ihre Dienstpflichten verletzt haben, wonach sie Doktoranden unentgeltlich betreuen müssen. Außerdem sei die freie Auswahl der Promotionsstudenten durch die Geldzahlungen womöglich beeinträchtigt worden.

Die Bergisch Gladbacher Wissenschafts-Beratungsfirma hatte bundesweit mit Anzeigen in Zeitungen und Fachzeitschriften für die Vermittlung von Doktortiteln geworben. Den Promotionswilligen wurde versprochen, einen geeigneten Professor zu suchen und bei der Themenfindung behilflich zu sein. Dafür mussten die Kandidaten jeweils bis zu 20000 Euro an das Institut zahlen. Für die Übernahme eines Promotionskandidaten sollen bis zu 4000 Euro illegal vom Institut an die Professoren geflossen sein.

„In manchen Medien wird der Eindruck erweckt, die Kunden des Instituts hätten gar keine Doktorarbeiten geschrieben“, erklärte Feld. „Das stimmt so nicht. Es geht nur um die Frage, ob die Professoren bei der Auswahl ihrer Kandidaten bestochen wurden.“ Es werde noch einige Zeit dauern, bis die zahlreichen Ermittlungsverfahren in diesem Fall abgeschlossen sind. „Die müssen nach und nach abgearbeitet werden, die Geldflüsse müssen nachvollzogen werden. Zum Schluss werden wir einzeln entscheiden, ob wir das Verfahren einstellen oder ob wir einen Strafbefehl oder eine Anklage fertigen.“

Nach einem Bericht des „Focus“ sollen neben der Berliner FU unter anderem Lehrkräfte von Hochschulen in Frankfurt, Tübingen, Leipzig, Rostock, Jena, Bayreuth, Ingolstadt, Hamburg, Hannover, Bielefeld, Hagen und Köln betroffen sein. Die Staatsanwaltschaft wollte zu den Orten und einzelnen Beschuldigten zunächst keine Angaben machen.

Das Hildesheimer Landgericht hatte den Geschäftsführer des Instituts bereits im vergangenen Juli wegen Bestechung zu dreieinhalb Jahren Haft und 75000 Euro Geldstrafe verurteilt. Er hatte in insgesamt 61 Fällen promotionswillige Kandidaten an einen Jura- Professor der Universität Hannover vermittelt und ihm dafür Honorar gezahlt. Oft erfüllten die Bewerber gar nicht die Voraussetzungen. Das Urteil ist inzwischen rechtskräftig, der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Revision im Mai verworfen. (dpa/bb)