Der der SPD-Gesundheitspolitiker Wolfgang Wodarg fordert mehr Sicherheitstestsfür den Impfstoff. Besteht eine Krebsgefahr?

Flensburg. Die Kritik an den geplanten Massenimpfungen gegen die Schweinegrippe wird immer heftiger. "Wir erleben ein absurdes Theater", sagte der SPD-Gesundheitspolitiker Wolfgang Wodarg dem Abendblatt. Die Schweinegrippe unterscheide sich nicht von normalen Grippewellen. "Wir haben gar keine Pandemie. Die Schweinegrippe ist ein Riesengeschäft für die Pharmaindustrie", sagte der Bundestagsabgeordnete. "Sie haben erstmalig eine Verkaufsgarantie von den Regierungen, weil die Weltgesundheitsorganisation die Situation als Pandemie eingeschätzt hat." Das müsse sich ändern.

Große Bedenken hat Wodarg, ein Flensburger Lungenfacharzt, auch gegen den Schweinegrippe-Impfstoff der Firma Novartis, der noch getestet wird. "Der Impfstoff wird auf Krebszellen tierischer Herkunft gezüchtet. Ich teile die Befürchtungen von Experten, dass bei geringen Verunreinigungen aus diesen Zellen ein Krebsrisiko für die Geimpften bestehen kann." Bei der Herstellung von Impfstoffen brauche man Zeit, um die Sicherheit zu testen. Diese Zeit habe man auch, es gebe "keinen Grund zur Panik".

Wodargs Warnung vor einer potenziellen Krebsgefahr widerspricht die Zulassungsbehörde. Der Impfstoff werde so aufbereitet, "dass er keine Verunreinigungen mehr enthält", sagte Susanne Stöcker, Sprecherin des Paul-Ehrlich-Instituts in Langen. Zudem werde der Impfstoff nicht auf krebserregenden Zellen gezüchtet, "sondern auf permanent wachsenden Zellen, die Krebszellen nur ähneln". Mit diesem Produktionsverfahren stelle Novartis seit 2007 bereits normalen Grippeimpfstoff her. Mehrere Zehntausend Menschen hätten ihn bereits erhalten.

Derzeit sind in Deutschland 9213 Menschen an der Schweinegrippe erkrankt. Diese Fälle sind im Labor eindeutig diagnostiziert. Die Schweinegrippe-Schnelltests dagegen sollen nur noch in Ausnahmefällen angewendet werden. Der Grund: Jeder zweite Test gab Entwarnung, obwohl eine Infektion vorlag. Jetzt wollen die Kassen ihren Risikopatienten - chronisch Kranken und Schwangeren - bei Verdacht den zuverlässigeren Gen-Test bezahlen.

Weiter Streit gibt es um die Finanzierung der geplanten Massenimpfung, die im Herbst beginnen soll. Die Kassen schätzen die Kosten auf bis zu eine Milliarde Euro und fordern eine Beteiligung des Staates. Andernfalls müssten die Beiträge erhöht werden. Politiker nannten dies völlig unangemessen.