Christian Gottwalt arbeitete mit 33 Kolleginnen zusammen. Er flüchtete aus dem “Paradies“ und schrieb ein Buch.

München. Manch ein Mann träumt sicher davon: Ganz allein als Hahn im Korb mit 33 Frauen zu arbeiten. Der Autor und Journalist Christian Gottwalt (40) hat das erlebt - und ist aus dem "Paradies", um das ihn viele Männer beneidet haben, geflüchtet. Seine Erfahrungen schrieb er in seinem Roman "Ich bin ein Mann, holt mich hier raus!" auf. Das Hamburger Abendblatt sprach mit dem Münchner, der nach Jahren beim "SZ Magazin" bei einer Modezeitschrift angeheuert hatte.

Zwei Jahre hielt er als Textchef zwischen Cremetöpfen, Lippenstiften und perfekt gestylten Frauen durch, dann hatte er genug: "Irgendwann wiederholt sich alles." Doch das war nicht der einzige Grund: Im Roman beschreibt Gottwalt, wie die Frauen auf den Helden abfärbten, der über Männer-Beauty schrieb und zu Parfümseminaren ging. Plötzlich war sein Badezimmer gefüllt von Schönheitsprodukten, er ging ständig zum Friseur und sogar zur Gesichtspflege. Schließlich fragte er sich, ob er mit einer falschen Prada-Tasche wohl vor der Chefin auftauchen kann.

Eins hat Gottwalt in der Zeit besonders an den Frauen überrascht: "Es ist erstaunlich, wie giftig sie sein können." Überall gibt es versteckte Intrigen, die man als Mann gar nicht alle so mitbekommt. "Unter Männern wird nicht so gezickt." So bösartig wie in dem Film "Der Teufel trägt Prada", in dem Meryl Streep (60) die gemeine Chefin einer Modezeitschrift spielt, hat der Autor die Frauen allerdings nicht erlebt. Dennoch konnte Gottwalt in dieser männerlosen Arbeitswelt, in der seinesgleichen höchstens als Computerexperte oder Pförtner auftaucht, nie ganz heimisch werden: "Man bleibt immer der Fremde unter den Frauen, auch wenn es mit ihnen zunehmend vertraulicher wird."

Spaß hat es ihm aber doch gemacht, bei dem "Theater der Mädels" Zuschauer zu sein. Er fühlte sich immer wie bei einer Ballettaufführung. Für die Frauen allerdings sei das oft hart. "Das Schönheitsdiktat gilt nicht nur im Heft. Jeder Tag ist ein Styling-Tag. Das Outfit wird richtig geplant", sagt er. Genau wird beobachtet, was die anderen tragen und mit spitzer Zunge kritisiert. Die jungen Praktikantinnen leiden besonders darunter - aber auch die älteren Mitarbeiterinnen. Denn - so heißt es im Roman - "alt sein ist die Höchststrafe". Aber die Frauen scheinen ihre glamouröse Welt auch zu lieben, beobachtete Gottwalt. Wenn ihm das Theater zu viel wurde, verzog er sich auf die Herrentoilette - dahin wagte sich keine Frau.

Die Zeit unter Frauen hat bei Gottwalt Spuren hinterlassen. Er redet heute mehr und hat auch andere Themen, weiblichere eben. "Ich hätte früher nie über Brazilian Waxing gesprochen ...", lacht er. Auch alle anderen Schönheitsthemen, von Botox über Peeling und Anti-Aging-Kuren bis zum richtigen Make-up sind ihm vertraut. Er nimmt inzwischen fachmännisch jede Frau unter die Lupe und entdeckt natürlich sofort die Makel.

So ist der Münchner längst zum Frauenversteher geworden und sagt ihnen, was sie wirklich gern hören wollen: "Ich mache jetzt mehr Komplimente und diese gezielter als vorher. Ich sage ihnen etwa, was sie für eine Wahnsinnsjacke anhaben." Obwohl er für sich selbst immer noch nicht gern einkaufen geht, ist es für ihn keine Horrorvorstellung mehr, mit einer Frau shoppen zu gehen. "Ich finde das jetzt sogar lustig, sie zu beraten."

So hat Gottwalt einige Ratschläge für die perfekte weibliche Garderobe bereit. Unnötig sei es, zehn oder 20 Jeans im Schrank zu haben und keine Varianten. Auf die Vielfalt komme es an, man müsse richtig auswählen, wobei einige Klassiker wie das Kleine Schwarze und ein Trenchcoat natürlich dazugehörten. Sein praktisch männlicher Ratschlag: "Rund 100 Stücke im Kleiderschrank sollten ausreichen, um immer gut angezogen zu sein." Doch welche Frau kann sich daran schon halten?

Christian Gottwalt, "Ich bin ein Mann, holt mich hier raus!", Heyne, 8,95 Euro.