Pädagogin, die schlechte Noten bekommen hatte, unterlag auch vor dem Bundesgericht.

Karlsruhe. Ein eindeutiges Grundsatzurteil ist es am Ende nicht geworden. Dennoch gibt das gestrige Spickmich-Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) eine Richtung vor: Bewertungsportale im Internet sind nicht von vornherein verboten - zumindest dann, wenn die Betreiber Vorsicht walten lassen.

Im konkreten Fall hatten die Karlsruher Richter keine Einwände dagegen, wie die rund 1,1 Millionen Nutzer von spickmich.

de anonym ihre Lehrer benoten. "Fachlich kompetent" oder "gut vorbereitet" lauten die sachlichen Kategorien, aber auch Eigenschaften wie "menschlich" oder "cool und witzig" werden bewertet. Eine Deutsch-Lehrerin aus dem nordrhein-westfälischen Moers, die mit einem Notenschnitt von 4,3 nicht sonderlich gut weggekommen war, hatte geklagt - ohne Erfolg. Die Bewertungen sind von der Meinungsfreiheit gedeckt, das Persönlichkeitsrecht der Frau sei nicht verletzt. Die BGH-Senatsvorsitzende Gerda Müller legte bei der Urteilsverkündung aber großen Wert darauf, dass das Gericht nur über diesen Einzelfall entschieden habe. Wie die Abwägung in anderen Konstellationen ausfalle - das müsse "offen bleiben". Das Spickmich-Urteil ist also mit Sicherheit nicht das letzte zum Thema Bewertungsportale. Ähnlich wie beim Dauerstreit um die Zulässigkeit von Promi-Fotos in den Medien wird der Senat seine Leitlinien erst nach und nach entwickeln. Allerdings enthält das Urteil bereits einige deutliche Hinweise für die boomende Branche der zahllosen Portale, die von einer neuen Bewertungswelle zeugen - Reisen und Restaurants, Köche oder Anwälte, Bücher und Kosmetik, kaum etwas bleibt unbenotet. So hat die Krankenkasse AOK kürzlich angekündigt, ihre 24 Millionen Versicherten sollten ihren Ärzten künftig Noten geben.

Das zentrale Argument lautet: Die Lehrer sind lediglich in ihrer "Sozialsphäre" betroffen, also in ihrem beruflichen Wirken. Und die ist deutlich weniger schützenswert als die Privatsphäre. Bei Pädagogen ist dies besonders augenfällig, immerhin erteilen sie selbst ihren Schülern Noten. Spickmich-Anwalt Thomas von Plehwe sprach von der Herstellung einer "Waffengleichheit". Zudem sind die Spickmich-Bewertungskategorien durchaus sachbezogen gestaltet. Selbst "cool und witzig" ist letztlich nur eine Art Verhaltensnote von Schülern für Lehrer. Und angreifbare Attribute wie "sexy" wurden gestrichen.

Außerdem ist das Schülerportal keineswegs ein öffentlicher "Pranger". Nutzer müssen sich vorher unter Angabe der E-Mail registrieren lassen, zudem ist der Zugang auf eine Schule beschränkt. Zwar sind die Bewertungen gegen Manipulationen nicht absolut geschützt, allerdings schätzt der BGH die Gefahr offenbar als gering ein.

Die Anwältin der Lehrerin hatte dagegen das Portal als "weltweite Vorführung ohne Korrekturmöglichkeit" kritisiert. Es sei möglich, dass sich Schüler unter falschem Namen anmeldeten und das Ergebnis manipulierten. Da die Schüler anonym blieben, könne der Lehrer auch nicht auf sie zugehen. Auch Datenschützer sehen das Persönlichkeitsrecht betroffener Lehrer durchaus beeinträchtigt. Daher seien die Bewertungen rechtswidrig.