Die Veränderungen sind dramatischer als angenommen. Das Magnetfeld wird schwächer.

Kopenhagen. Der magnetische Nordpol wandert schneller als bisher angenommen. Das zeigten jetzt Forschungsergebnisse auf Grund von Daten des dänischen Satelliten Örsted, der seit 1999 im Weltall kreist.

Bereits seit dem 16. Jahrhundert ist bekannt, dass das Magnetfeld der Erde in ständiger Bewegung ist und der geographische und magnetische Nordpol bei weitem nicht identisch miteinander sind. Kompasse müssen deswegen regelmäßig neu justiert werden. Bisher ging man davon aus, dass der magnetische Nordpol etwa zehn Kilometer pro Jahr wandert. In den vergangenen drei Jahren legte er pro Jahr jedoch 52 Kilometer zurück - wissenschaftlich betrachtet eine nahezu unvorstellbare Entfernung. Im Moment liegt der Nordpol zwischen Nordkanada und Grönland und bewegt sich auf den geographischen Nordpol zu. In etwa 20 Jahren wird er über Sibirien liegen.

Auf Grund dieser sehr viel größeren Geschwindigkeit gehen die Forscher davon aus, dass die beiden Pole im Laufe der nächsten 1000 bis 2000 Jahre ganz den Platz getauscht haben.

Die ersten spürbaren Folgen werden entstehen, wenn der Nordpol dank seiner Wanderung näher an das europäische Festland heranrückt. Nils Olsen, Wissenschaftler am Dänischen Raumforschungsinstitut: "Wenn das passiert, wird man auch auf dänischen, sogar auf deutschen Breitengraden das Nordlicht intensiver erleben können. Schlimmer ist aber, dass wir kräftige kosmische Stürme erleben werden, die zum Beispiel dazu führen können, dass die Stromversorgung zusammenbricht oder der Funkverkehr gestört ist." Als der magnetische Nordpol vor 15 Jahren sehr dicht vor der Küste Kanadas lag, passierte das häufig.

Dass der Nord- zum Südpol und umgekehrt wandert, ist in der Geschichte der Erde immer wieder vorgekommen - das letzte Mal allerdings vor rund 720 000 Jahren. Zu dieser eigentümlichen Verschiebung der Pole kommt es, da es im Inneren der Erde elektrischen Strom gibt, und zwar unterhalb von 2900 Kilometer Tiefe. Durch die Rotation des Planeten ist das stromführende Magma also ständig in Bewegung. Der französische Forscher Gauthier Hulot vermutet sogar, dass die Pole im Inneren der Erde bereits den Platz getauscht haben. Durch die Dichte der Erdschale dauere es jedoch, bis der Pol-Sprung auch an der Erdoberfläche voll zur Geltung kommt.

Wenn diese Theorie tatsächlich stimmt, kann sich der Pol-Tausch quasi von einer Sekunde zur nächsten bemerkbar machen und im Grunde nur wenige Tage und nicht 1000 bis 2000 Jahre beanspruchen.

Letzteres Szenario wäre für die Erde eine Katastrophe. Denn das Magnetfeld, das die Erde noch so effektiv gegen kosmische Strahlen schützt, schwächt sich während des Tausches mehr und mehr ab und verschwindet am Ende für einige Zeit ganz. Eine Erde ohne schützendes Magnetfeld ist daher ein äußerst sensibler und anfälliger Planet. Kosmische Strahlen könnten ungehindert die Erde bombardieren. Wir Menschen könnten uns kaum davor schützen. Das zeigen schon jetzt die Probleme mit dem Ozonloch. Außerdem würde es ein unvorstellbares Wetterchaos geben. Nils Olsen: "Es können dann aber auch genetische Mutationen in der Tier- und Pflanzenwelt stattfinden." Der Einfluss kosmischer Strahlen auf alles irdische Leben ist bei weitem noch nicht erforscht.

Schon jetzt schwächt sich das Magnetfeld der Erde leicht ab - ein weiteres Indiz dafür, dass sich der magnetische Nordpol schneller bewegt als angenommen und ein Pol-Sprung bevorsteht.