Sensation in der Charité. Vier Mädchen und zwei Jungen wohlauf. Was aus den Münchner Sechslingen wurde.

Berlin. Zwölf Ärzte und sechs Krankenschwestern hatten sich wochenlang auf diesen Tag vorbereitet. Zum ersten Mal seit 20 Jahren sind in Deutschland wieder Sechslinge zur Welt gekommen. Die vier Mädchen, zwei Jungen und die Mutter seien wohlauf, berichten Ärzte der Berliner Charite.

Die Winzlinge, die bereits am Donnerstag per Kaiserschnitt das Licht der Welt erblickten, wogen zwischen 800 und 900 Gramm. Sie sind zwischen 33 und 35 Zentimeter groß. Als in der 27. Schwangerschaftswoche geborene Frühchen liegen die Sechslinge derzeit noch in Brutkästen auf der Intensivstation. Sie werden mit Zuckerlösung versorgt. Milch trinken sie noch in kleinsten Portionen: zwölfmal einen Milliliter pro Tag.

"Stillen funktioniert bei so kleinen Frühgeborenen nicht", sagt Oberärztin Monika Berns. Erst in etwa fünf Wochen seien Trinkversuche möglich. Bis dahin müsse die Mutter Milch abpumpen. Die Ärztin: "Den Kindern geht es gut. Ihr Zustand ist sehr stabil." Der Leitende Oberarzt Wolfgang Henrich sprach von einer "extremen Rarität". Zwischen 1958 und 1998 habe es nur fünf Sechsfachgeburten gegeben. Die Wahrscheinlichkeit liege bei eins zu 4,4 Milliarden.

Eine Mehrlings-Schwangerschaft entsteht, wenn die Eierstöcke der Frau zwei oder mehr Eizellen gleichzeitig produzieren oder sich ein befruchtetes Ei in einem frühen Stadium teilen. Bei einer künstlichen Befruchtung werden gleich mehrere befruchtete Eizellen eingesetzt.

Anscheinend ließ die Mutter sich künstlich befruchten und mit Hormonen behandeln. Auf die Frage, ob die Mutter sich einer Hormonbehandlung unterzogen hat, antwortete Henrichs ausweichend, in Deutschland sei es nicht erlaubt, mehr als zwei Embryos einzupflanzen, wenn die Eizelle außerhalb des Körpers der Mutter befruchtet worden sei. Trotz der hohen Fehl- und Frühgeburtsrate bei Sechslingen habe sich die Frau gegen einen Abbruch entschieden. Sie habe eine unkomplizierte Schwangerschaft gehabt. Jetzt bleiben die Frühchen noch fünf Wochen im Krankenhaus.

"In der 28. Woche liegt die Wahrscheinlichkeit für ein gesundes Überleben bei mehr als 90 Prozent", sagt der Chef des Mutter-Kind-Zentrums an der Asklepios-Klinik Barmbek, Professor Bernhard-Joachim Hackeloer. Generell sei das Entstehen von Sechslingen aber "ein grober medizinischer Fehler". Das Risiko sei einfach zu hoch.

Zuletzt waren im Juli 1988 Sechslinge in Deutschland geboren worden. Eines der Kinder in Aachen starb kurz darauf. In München waren schon am 24. März 1986 drei Jungen und drei Mädchen auf die Welt gekommen. Die Mutter starb nach der Geburt, einer der Jungen erlag vier Wochen später einer Darmentzündung. Die Familie sei von Nachbarn und Bekannten unterstützt worden und habe Spenden aus aller Welt bekommen, heißt es auf der Familienhomepage ( www.mooser-sechlinge.de ). Wie das Gästebuch der Internetseite zeigt, interessieren sich noch heute viele Menschen für das Schicksal der Münchner - die Geschwister versenden deshalb sogar Autogrammkarten und sagen heute: "Trotz aller großen Schwierigkeiten sind wir durch sehr liebevolle Menschen das geworden, was wir jetzt sind."