Opfer mehrfach gegen den Kopf getreten. Der Überfall löste 2007 eine Debatte über Jugendkriminalität aus.

München. Ungelenk hebt er immer wieder die Hände, lässt sie wieder sinken. "Wenn ich besoffen bin, mache ich nur Scheiße", sagt der junge Mann. "Es tut mir so leid." Der heute 18 Jahre alte Grieche Spyridon L. und der 21 Jahre alter Türke Serkan A. müssen sich seit gestern wegen eines brutalen Überfalls auf den Rentner Bruno N. (76) in der Münchner U-Bahn vor dem Landgericht der bayerischen Hauptstadt verantworten. Die beiden hatten vor Weihnachten den pensionierten Schulleiter mit Tritten und Schlägen lebensgefährlich verletzt, weil er sie auf das Rauchverbot in der U-Bahn hingewiesen hatte. Die Anklage wirft ihnen versuchten Mord vor. Der Fall hatte bundesweit für Empörung gesorgt und eine heftige Debatte über ein schärferes Jugendstrafrecht ausgelöst.

"Normalerweise bin ich nicht ein Mensch, der alte Menschen haut", sagt der Grieche. "Ich war so dicht." Er habe nicht einmal das Gesicht des Mannes gesehen, den er beinahe umgebracht hätte. Acht Bier habe jeder von ihnen getrunken, bevor es am Abend des 20. Dezember 2007 zu dem Überfall in der U-Bahn kam. "Wenn ich besoffen bin, werde ich aggressiv", sagt Spyridon L. "Wenn ich rauskomme, ich mache das nie wieder." Er habe gebetet, dass der Mann nicht sterbe. Nur zwei Tage nach der Tat, als er bereits in der Zeitung vom Zustand seines Opfers Bruno N. gelesen hatte, schlug er allerdings wieder zu: Ein anderer Mann, der schon einmal seine Freundin verführt hatte, habe diese wieder "angemacht". "Ich lasse das nicht zu. Er muss dann Schläge kriegen", sagt er empört.

Der mitangeklagte Türke lässt nur durch seinen Anwalt eine Erklärung verlesen. Er berichtet, wie sie in der U-Bahn saßen und der Rentner auf das Rauchverbot hinwies. Er glaube gehört zu haben, dass der Pensionär schließlich noch sagte: "Ihr seid das Volk, das Stress macht und rausgehört." Beim Aussteigen seien sie ihm nachgelaufen und hätten zugeschlagen. "Die ganze Angelegenheit tut mir sehr leid." Es habe keine Absprache über die Tat gegeben. "Ich wollte ihn nicht töten." Heute werden die beiden ihrem Opfer gegenübersitzen. Bruno N. soll dann als Zeuge aussagen. Schon im Vorfeld hatte er gesagt, den Angreifern nicht verzeihen zu können.

Eine Überwachungskamera hatte jeden Tritt und jeden Schlag aufgezeichnet. Zu sehen ist auch, wie der junge Grieche Anlauf nimmt und so stark gegen den Kopf des am Boden liegenden Opfers tritt, dass er selbst humpelt. "Der ganze Fuß hat wehgetan", sagt er. "Wie genau der Tritt war, weiß ich nicht." Und wieder: "Ich war besoffen." Der Vorsitzende Richter der Jugendkammer, Reinhold Baier, hält ihm allerdings vor, dass seine Bewegungen auf dem Video nicht wie die eines schwer Betrunkenen wirken. Anträge der Verteidigung auf Ausschluss der Öffentlichkeit hatten den Prozess um Stunden verzögert. Der Türke war zur Tatzeit mit 20 Jahren Heranwachsender, der Grieche mit 17 Jahren noch Jugendlicher. Das Gericht lehnte die Anträge aber ab. Es gebe keine Hinweise auf eine unzumutbare Anprangerung, sagte Richter Baier.

Der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Oberstaatsanwalt Anton Winkler, sagt am Rande des Prozesses, er verbinde mit dem Verfahren die Hoffnung, dass es ein Signal an alle potenziellen Gewalttäter senden werde. "Sie zerstören damit nicht nur das Leben des Opfers, sondern auch ihr eigenes Leben."