Tausende katholische Pilger haben sich in Süditalien versammelt, um den Leichnam des vor 40 Jahren verstorbenen Paters Pio zu sehen.

Rom. Die kürzlich exhumierten und präparierten sterblichen Überreste des Volksheiligen werden in einem gläsernen Sarg in San Giovanni Rotondo ausgestellt. Der im Vatikan für die Heiligsprechung zuständige Kardinal Jose Saraiva Martins feierte zu Ehren von Pater Pio gemeinsam mit zahlreichen Mönchen und Bischöfen eine Freiluftmesse in dem Wallfahrtsort in Apulien. Pater Pio wird in Italien hoch verehrt. An seinen Händen, Füßen und der Brust tauchten Wunden auf, die an die Kreuzigungsmale Jesu erinnern.

Viele von Pater Pios Anhängern führen ihr persönliches Glück auf ihn zurück. So auch Maurizio Proietti, der gemeinsam mit seiner Frau vor 28 Jahren einen schweren Verkehrsunfall überlebte. "Ich kannte ihn noch nicht einmal, aber in dem Restaurant, in dem wir vor der Fahrt gegessen hatten, gab uns ein Mann das Bild von Pater Pio", erzählt Proietti. Gemeinsam mit Tausenden Menschen drängten sie sich gestern vor der Kirche in San Giovanni Rotondo. "Wir verehren Pater Pio", sagt die 69-jährige Elena Fonte aus dem westitalienischen Aostatal. Gemeinsam mit ihrer Familie ist sie die ganze Nacht gefahren, um an dem Ereignis teilzunehmen.

Nach Angaben des Kapuzinerordens, dem Pio angehörte, haben bereits 75 000 Menschen aus aller Welt eine Pilgerreise nach San Giovanni Rotondo gebucht, um den Leichnam in den kommenden Monaten zu sehen. Der örtliche Bischof Domenico D'Ambrosio hatte nach der Exhumierung Anfang März vom guten Zustand des Leichnams geschwärmt. Die Hände des Heiligen sähen "so glatt aus, als kämen sie frisch von der Maniküre", sagte er. Bilder des Mönchs hängen in zahlreichen italienischen Häusern, Restaurants und Geschäften. Dabei wurde Pater Pio bereits zu Lebzeiten wie ein Heiliger verehrt. Der als Francesco Forgione geborene Ordensmann lebte von 1887 bis 1968. Nachdem bei Pater Pio im Alter von 23 Jahren die Wundmale erstmals auftraten, pilgerten die Menschen in Scharen zu seinen Gottesdiensten nach San Giovanni Rotondo - trotz Skepsis und kirchlich angeordneter medizinischer Untersuchungen. 1999 sprach Papst Johannes Paul II. schließlich Pater Pio selig, 2002 wurde er heiliggesprochen.

Die Stadt San Giovanni Rotondo hatte sich bereits vor der Exhumierung des Paters ganz auf Pilger eingestellt. 2004 öffnete eine gigantische Kirche zu Ehren Pater Pios ihre Pforten. Doch das vom italienischen Stararchitekten Renzo Piano entworfene Gotteshaus wird kaum genutzt: Verehrer des Ordensmannes empfinden es als zu protzig.