Merkel “verblüfft alle“, schrieb “Hürriyet“. Abendkleid Thema der Bundespressekonferenz.

Oslo. Bundeskanzlerin Angela Merkel (53) hat sich überrascht über die internationalen Reaktionen auf ihr tief ausgeschnittenes Abendkleid gezeigt. Sie sei angesichts wichtiger Themen wie Energiesicherheit oder Afghanistaneinsatz erstaunt, dass die Welt über nichts anderes zu berichten habe, meinte gestern der stellvertretende Regierungssprecher Thomas Steg. Dass "das Neuarrangement aus dem Bestand der Bundeskanzlerin" für eine solche Furore gesorgt habe, sei völlig unangemessen und unbeabsichtigt gewesen.

Damit schaffte es erstmals ein Dekollete zum Thema der Bundespressekonferenz zu werden. Am Sonnabend hatte Merkel zur Eröffnung der neuen Osloer Oper ein tief dekolletiertes schwarzes Abendkleid mit petrolblauer Stola, Perlenkette und farblich passendem Täschchen getragen (wir berichteten). Das fiel nicht nur in der Heimat auf. In der Türkei war es sogar ein Aufreger. Die Zeitung "Hürriyet", die wie viele andere Zeitungen ein Foto Merkels auf der Titelseite abdruckte, schrieb: "Merkels Dekollete verblüfft alle". Das andere türkische Blatt "Sabah" meinte ironisch: "Schockierend". "Bunte"-Chefredakteurin Patricia Riekel kommentierte das neue Abendkleid: "Ich finde, dass Freu Merkel sehr elegant und sehr weiblich aussieht." Die Hamburger Designerin und Modeberaterin von Merkel, Bettina Schoenbach, wollte sich zu dem extravaganten Kleid indessen nicht äußern. Und selbst auf der Bundespresskonferenz in Berlin war der Ausschnitt Thema.

"Mit der Wahl ihrer Abendgarderobe für die feierliche Eröffnung der Oper in Oslo sollte in keiner Weise der Prozess der Beitrittsverhandlungen mit der Türkei beeinflusst werden", so Steg schmunzelnd. Er hoffe zudem, dass das norwegische Königshaus es nachsehen werde, dass weder die Kleider von Königin Sonja (70) noch von Prinzessin Mette Marit (34) so im Vordergrund gestanden hätten. Auf jeden Fall hätten die Veranstalter um Abendgarderobe gebeten. "Dann trägt man dem auch Rechnung." Die Reaktionen der internationalen Presse seien aber im Großen und Ganzen sehr freundlich gewesen, erklärte Steg. Daher sei Merkel auch nicht betrübt. Eines sei sicher: Auch bei künftigen festlichen Veranstaltungen werde sie sich ihre Garderobe nach Lust und Laune auswählen.

Merkel hat sich in den vergangenen Jahren von der eher unscheinbaren Politikerin, die sich aus Modefragen nichts zu machen schien, zur modebewussten Frau entwickelt. Nicht nur die Frisur änderte sich, auch die Kleidung. Vor zwei Jahren widmete Modemacher Wolfgang Joop ihr eine eigene Kollektion. "Die offene und kalte Strahlkraft von Angela Merkels Augen, in denen ein sehr nüchterner Ausdruck liegt, hat mich inspiriert", erklärte er. Die Kollektion habe er für die "urbane Frau" entwickelt. 2007 gab es in Berlin eine eigens ihr gewidmete Schmuckausstellung mit dem Titel "Hommage à Angela". Selbst in der Popwelt hat Merkel Anerkennung gefunden. So lobte US-Sängerin Gwen Stefani (38) Merkels Stil: "Ich finde, dass sie sehr gut aussieht, dass ihr die Hosenanzüge stehen. Sie macht das Beste aus sich, und deshalb würde ich nichts an ihr verändern", so die Pop-Diva, die selbst Mode entwirft.