DRESDEN. Vielleicht ist es der entscheidende Schritt, um einen der spektakulärsten Kriminalfälle der damaligen DDR nach 23 Jahren endlich aufzuklären. Im Fall des Babyraubs von Dresden hat die Staatsanwaltschaft lang ersehnte Post aus Moskau erhalten. Das berichtet die "Dresdner Morgenpost".

Es geschah kurz nach Weihnachten 1984. Der fünf Monate alte Felix Tschök schlummerte im Kinderwagen vor einem Kaufhaus. Es war damals in der DDR üblich, die Kinder vor der Tür zu lassen. Während seine Eltern, Eberhard (50) und Lenore (46) Tschök, im Zentrum an der Prager Straße einkauften, wurde das Baby gekidnappt. Großfahndung, Phantombilder, gestoppte und wiederaufgenommene Ermittlungen. Schon damals gab es jede Menge Hinweise, die alle in der Russenkaserne mündeten. Doch bei den damaligen Machthabern endeten die Möglichkeiten der Dresdner Ermittler.

Erst jetzt haben Moskaus Behörden ein weiteres Rechtshilfeersuchen beantwortet, sind dabei in ihren Archiven fündig geworden. Konkret geht es um hochrangige Angehörige (Offiziere oder Verwaltungsmitarbeiter) der Sowjetarmee, die damals mit ihren Frauen in Dresden gelebt haben und hier Eltern geworden sind. Ermittelt wurden drei Russen und ein Ukrainer, die für die Entführung infrage kommen. Staatsanwalt Christian Avenarius: "Uns wurden die Daten der vier Männer übermittelt. Allerdings könnten die Nachforschungen erneut dauern, da alle vier in heute eigenständigen Ländern, ehemaligen sowjetischen Teilrepubliken, leben."

Die Polizei vermutet, dass einer von ihnen noch immer der falsche Papa von Felix ist. Kurz nach dem Verschwinden des Kindes wurde ein mutmaßlich russisches Baby (mit in Osteuropa üblichen Infusionsnarben) in der Neustadt ausgesetzt. Der Staatsanwalt: "Auch dazu laufen Ermittlungen der Rechtsmedizin. Wegen der seltsamen Narben, die das Kind vermutlich nach Behandlungen in einer Militärklinik zurückbehalten hat." Möglicherweise haben die Eltern ihr behindertes gegen ein gesundes deutsches Kind ausgetauscht. Felix' Eltern haben jedenfalls wieder Hoffnung, ihren Sohn zurückzubekommen. Vater Tschök: "Wir geben nicht auf." Die Eltern setzten inzwischen 5000 Euro Belohnung aus.