Elf Premierminister hat die Monarchin kommen und gehen gesehen. Der erste war Churchill.

London. Es gilt als unhöflich, das Alter einer Dame zu erwähnen, aber bei der britischen Königin Elizabeth II. darf seit gestern eine Ausnahme gemacht werden: Seit 18 Uhr (MEZ) hat die 81 Jahre alte Monarchin ihre Ururgroßmutter, die legendäre Königin Victoria (1819-1901), als älteste Herrscherin in der Geschichte Großbritanniens überholt. Für den Thronrekord muss "Lillibet" allerdings noch etwas länger durchhalten: Erst am 9. September 2015 wäre die Regierungszeit Victorias eingeholt, die immerhin fast 64 Jahre an der Spitze des Empires thronte.

Victoria starb 1901 im Alter von 81 Jahren, sieben Monaten, vier Wochen und einem Tag. Diesen Meilenstein konnte die Queen nun hinter sich lassen. Feiern gab es aus diesem Anlass nicht - die Monarchin wollte den Tag mit ihrem Mann Prinz Philip (86) verbringen - wie alle anderen Tage ihrer 60 Ehejahre auch.

Aber innegehalten hat die Queen vielleicht doch angesichts ihres Rekordes. Immerhin elf Premierminister hat die Königin kommen und gehen sehen, der erste von ihnen war Sir Winston Churchill. Sie ist zudem die erste Königin, die mit einem in ihrer Amtszeit geborenen Premierminister regierte, nämlich Tony Blair (54). Trotz ihres Alters macht die Queen im Übrigen kaum Anstalten, einen Gang zurückzuschalten. Im November reiste sie mit Prinz Philip zum Gipfel der Staats- und Regierungschefs der Commonwealth-Länder in Uganda. 425 offizielle Verpflichtungen nahm sie im vergangenen Jahr wahr.

"Selbst wenn man den medizinischen Fortschritt seit Victorias Zeiten berücksichtigt, ist es beachtlich", sagte der Historiker Peter Hennessy mit Blick auf die Leistungen der Queen. "Ich kenne keinen anderen Chef einer Institution, der sich über solch eine lange Zeit keine Fehler erlaubt hat." Elizabeth habe den Verlust von Großbritanniens Supermachtstatus würdevoll gemeistert. "Die Art und Weise, wie sie sich angepasst hat, ohne jedem Trend hinterherzulaufen, das ist die Gabe eines Genies", schwärmt der Professor für zeitgenössische britische Geschichte an der Universität London.

Trotz des noch immer randvollen Terminkalenders der Queen und trotz ihres hohen Ansehens in der Bevölkerung beginnt die Monarchin offenbar, die Zeit nach ihr vorzubereiten. So durfte Thronfolger Prinz Charles, immerhin auch schon 59 Jahre alt, seine Eltern im November erstmals zum Commonwealth-Gipfel begleiten, dem Zusammenschluss von 53 zumeist ehemaligen britischen Kolonien, deren Oberhaupt Elizabeth ist. Der Gedanke an Charles' Thronbesteigung dürfte der Queen heute weniger Sorgen bereiten als noch vor ein paar Jahren. Das Ansehen des Thronfolgers in Großbritannien hat sich in jüngster Zeit verbessert. Es ist ihm gelungen, seine zweite Ehefrau Camilla (60), mit der er noch während seiner ersten Ehe mit Prinzessin Diana ( 36) eine Affäre hatte, in die königliche Familie zu integrieren. Camilla selbst engagiert sich unaufdringlich für wohltätige Zwecke und hat allem Anschein nach ein gutes Verhältnis zu ihren Stiefsöhnen Prinz William (25) und Prinz Harry (23).

Die Briten werden dadurch langsam warm mit Camilla, die von Diana einst als "Rottweiler" verspottet worden war. Rund 28 Prozent wünschen sie sich mittlerweile sogar als Königin, wenn Charles das Zepter übernimmt. 2005 waren es gerade mal sieben Prozent. Insider glauben jedoch keineswegs, dass die Queen ihr Amt vorzeitig niederlegt. Zu schmerzhaft ist die Abdankung von Edward VIII. im Jahr 1936 in Erinnerung, die Elizabeths Vater auf den Thron brachte.