Der Busfahrer: “Ich hörte Stöhnen, Hilferufe und Gebete aus dem Wrack und konnte nichts tun.“

Hopsten/Halle. Trauer und Wut in Hopsten im Münsterland. Am Tag nach dem Busunglück mit 13 Toten in Sachsen-Anhalt wurde es schreckliche Gewissheit: Die sieben Männer und sechs Frauen (42 bis 79), die auf der A 14 Magdeburg-Dresden starben, waren Landwirte oder deren Ehefrauen aus dem 8000-Einwohner-Dorf.

Das Schützenfest am kommenden Wochenende wurde abgesagt, gestern gedachten die Einwohner in zwei Gottesdiensten der Opfer des Busunfalls und lagen sich weinend in den Armen. Gegen den Lkw-Fahrer (46), der den Unfall verursachte, wird wegen fahrlässiger Tötung ermittelt. Fest scheint zu stehen, dass der Reisebus im Schritttempo am Ende eines Staus langsam ausrollte, als der Lkw plötzlich mit hohem Tempo auffuhr und den Bus den Abhang hinunterschob. Busfahrer Heinz Strier (65) sagte dem TV-Sender RTL: "Ich hörte Stöhnen, Hilferufe und Gebete aus dem Wrack und konnte nichts tun." Er sei immer noch "einfach sprachlos". Plötzlich habe es einen Knall wie aus heiterem Himmel gegeben. Dann sei der Bus "abgehoben". Strier, der Enkel des gleichnamigen Firmengründers, habe noch versucht, gegenzusteuern. Da sei der Bus schon die Böschung hinuntergestürzt. Strier, der mit ein paar Schrammen davonkam, den Tränen nahe: "Ich bin der Einzige, der nicht verletzt wurde. Der Sicherheitsgurt hat mir das Leben gerettet!"

Werner Zöllner, Chef der Krefelder Straßenbaufirma, deren Lkw auf den Bus auffuhr, sagt über den Unglücksfahrer (46): "Er griff nach rechts zur Wasserflasche, dann sah er schon die Bremslichter des Busses, konnte aber nicht mehr ausweichen."

Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Dessau über den Verdacht gegen den Unglücksfahrer: "Das heißt nicht, dass er der Alleinige ist, der möglicherweise die Verantwortung für das Unglück trägt." Die Polizei hatte zunächst wegen fahrlässiger Körperverletzung mit Todesfolge ermittelt. Beide Fahrzeuge wurden beschlagnahmt und sollen wegen möglicher technischer Mängel überprüft werden. Der Fahrtenschreiber des Lkw sei sichergestellt, aber noch nicht ausgewertet worden. Bei dem schwersten Busglück in Deutschland seit 15 Jahren waren auch alle übrigen 36 Insassen verletzt worden, einige schwer. Acht Leichtverletzte konnten gestern schon wieder die Heimreise nach Hopsten antreten. Gestern bekamen viele Einwohner in der überfüllten Pfarrkirche St. Georg keinen Sitzplatz mehr: "Es ist ein bewegender Moment, wenn man die Kinder derjenigen, die zu Tode gekommen sind, weinen hört", sagte Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU). Weihbischof Franz-Peter Tebartz-van Elst: "Das Ausmaß der Tragik ist kaum vorstellbar. Kinder haben ihre Eltern, Enkelkinder ihre Großeltern verloren." Die eigentliche Trauerfeier ist für Sonnabend vorgesehen. Morgen ist ein Gottesdienst in Bernburg nahe dem Unfallort geplant. Der Lkw-Fahrer liegt mit einem Schock im Krankenhaus, ist nicht vernehmungsfähig. Ein Opfer ist noch in kritischem Zustand. Der Mann wird auf der Intensivstation künstlich beatmet. Der Chefarzt: "Er ist noch nicht über den Berg."