Rentnerin (67) bot ihre Plattensammlung an - und hat jetzt Ärger mit dem Finanzamt. Viele Millionen Nutzer betroffen.

München. Alten Plunder loswerden und nebenbei ein paar Euro verdienen - das Internetauktionshaus Ebay macht's möglich. Millionen Deutsche bieten dort oder bei anderen Onlineplattformen ihre Ware an. Aber Vorsicht: Nur die wenigsten denken dabei auch an das Finanzamt und versteuern ihre Zusatzeinnahmen. Doch das kann teuer werden. Neuerdings machen Steuerfahnder auch verstärkt Jagd auf vermeintlich kleine Online-Gewinne, berichtet die Münchner "Abendzeitung". Der Brief vom Finanzamt kam Anfang Februar: Als Tina C. (Name geändert) ihn öffnete, fiel die 67-Jährige erst einmal aus allen Wolken. Sie habe vom Jahr 2000 an Einkünfte aus gewerblicher Tätigkeit erzielt, teilte die Münchner Finanzbehörde der Rentnerin mit. Nun solle sie für 2000 und auch für alle darauffolgenden Jahre eine Steuererklärung abgeben.

Was das Finanzamt mit "gewerblicher Tätigkeit" meint: Die Münchnerin verkauft regelmäßig Teile ihrer Plattensammlung über Ebay. Rund 140 Vinylscheiben bietet sie derzeit an - von Freddy Quinns "So ein Tag so wunderschön wie heute" (1,25 Euro) bis hin zu Tschaikowskys Schwanensee (7,75 Euro). "Aber ich mache das nicht gewerblich", versichert die 67-Jährige. Oft seien die Kosten für sie sogar höher als die Einnahmen. "Und was ich alles verkauft und eingenommen habe, das kann ich doch jetzt nicht mehr belegen."

Tina C. ist nicht die einzige Online-Verkäuferin, die derzeit Post vom Finanzamt erhält: Der Fiskus hat die Suche nach Steuersündern, die Waren im Internet losschlagen, Gewinne aber nicht versteuern, jetzt verschärft. "Die wenigsten melden ihre Erträge beim Finanzamt an", sagt Dieter Ondracek, Chef der Deutschen Steuergewerkschaft. Er schätzt den Schaden für den Fiskus auf zwei bis drei Milliarden Euro. Die Oberfinanzdirektion München bestätigt diese Einschätzung der Steuermoral im Internethandel: "Bei mehr als drei Viertel aller Fälle, denen wir nachgehen, landen wir einen Treffer."

Die Fälle bekommen die Finanzämter direkt vom Bundeszentralamt für Steuern. Die Fahnder dort kommen den Steuersündern mithilfe der Spezial-Software "XPider" auf die Spur. "Das Programm durchsucht Plattformen wie Ebay nach Onlinehändlern, die hohe Umsätze, viele Bewertungen und Verkäufe haben", erläutert Heiko Beyer, Steuerberater bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ecovis.

In solchen Fällen gehen die Behörden davon aus, dass die Händler ihr Geschäft gewerblich betreiben - und somit auch steuerpflichtige Gewinne einstreichen. Die Fahnder fragen deshalb die Adressen der verdächtigen Verkäufer bei den Auktionshäusern ab. Diese müssen die Daten dann auch tatsächlich herausgeben, wie eine Ebay-Sprecherin bestätigt. Name und Adresse wandern sofort zu den zuständigen Finanzämtern - und die fühlen den Verdächtigen dann auf den Zahn. Mehr noch: Solche Nachfragen werden in den kommenden Monaten deutlich zunehmen, fürchtet Heiko Beyer. Denn seit Anfang 2007 sitzt die deutsche Ebay-Gesellschaft nicht mehr in der Schweiz, sondern im EU-Land Luxemburg, was die Datenabfrage für deutsche Behörden entscheidend erleichtert. Ein Behördensprecher glaubt: "Da geraten Millionen Nutzer ins Visier." Allein auf der deutschen Seite des US-Unternehmens Ebay waren im Januar 20 Millionen Besucher unterwegs. Und es werden immer mehr.

Zwar handeln sehr viele Verkäufer im Internet meistens mit Waren, die oft nur geringe Beträge ausmachen. Aber, so der Steuergewerkschafter Dieter Ondracek, "Kleinvieh macht eben auch Mist."