Hamburg. Dieser Gedanke hat die Menschheit schon immer gereizt: auszuprobieren, ob man sich besser fühlt, wenn man auf Liebgewonnenes wie Schokolade verzichtet.

So ist das mit dem Fasten: Für die einen das älteste Naturheilverfahren der Welt; für andere eine Gelegenheit, den Winterspeck runterzukriegen. Für alle Christen beginnt mit der Fastenzeit - Start gestern am Aschermittwoch - die 40-tägige Vorbereitung auf das wundersame Osterereignis der Auferstehung. Und wer ihnen vorschnell Rechenschwäche unterstellt, halte sich bußfertig zurück. Denn auf die 40 Tage kommt natürlich nur, wer die Sonntage nicht mitzählt. Die waren, früher jedenfalls, vom Verzicht auf Völlerei ausgenommen.

Die Hoffnung, die alle Fasten-Fans verbindet: Ist der Bauch leer, wird auch der Kopf klar. Eine Regel, die den Reformator Martin Luther (1483-1546) nicht unbedingt überzeugte. Von ihm ist das eher abfällige Zitat überliefert: "Der Mensch darf jederzeit jegliche Speise essen." Wohl fehlte ihm die Erkenntnis, dass sein eigenes Übergewicht - ebenso wie Bluthochdruck und der Hang zu chronischer Verstopfung - vielleicht auch was mit zu wenig Verzicht zu tun hatte.

Heute jedenfalls ist bekannt: Fasten lindert die Leiden von Rheumakranken, Diabetikern und Allergikern und gilt darüber hinaus oft als schick.

So wundert es nicht, dass jeder siebte Bundesbürger fasten will, wie eine Umfrage des Magazins "Stern" ergab. Allein zwei Millionen Anhänger verbucht die größte Fastenaktion "Sieben Wochen ohne", vor 23 Jahren vom Hamburger Pastor Hinrich Westphal ausgerufen. Deren Motto in diesem Jahr: "Atempause - spüren, wie das Leben fließt". Zum Beispiel ohne Süßes oder Alkohol, ohne Zigaretten oder Auto, ohne Fernsehen oder anderen Luxus.

Während wir heute frei sind bei der Wahl unseres Fastenopfers, plagte im Mittelalter bisweilen der Zweifel, was erlaubt und was verboten war. So wussten die Benediktinermönche des Klosters Andechs in Oberbayern nicht, ob sie ihr Bier in der Fastenzeit trinken durften. Also schickten sie einen Boten samt Fass nach Rom. Der Weg über die Alpen verdarb jedoch den Inhalt. So kam der probierende Papst zu der Einsicht: "Trinkt es zur Buße."