21-Jährige will die Kinder allein versteckt haben. Rätsel über das Motiv.

Erfurt. In dem kleinen thüringischen Ort Thörey bei Arnstadt herrscht blankes Entsetzen: Drei Babyleichen hat der neue Besitzer eines leer stehenden Gehöfts an der Pfarrstraße innerhalb von acht Tagen auf seinem Grundstück gefunden. Die 21-jährige Studentin Claudia B., die früher mit ihren Eltern und zwei Schwestern dort wohnte, hat gestanden, die toten Säuglinge gleich nach der Geburt dort versteckt zu haben. Ob die junge Frau sie auch getötet hat, ist unklar. Justizsprecher Michael Heß: "Die Obduktion ist noch nicht abgeschlossen." Da die Leichen stark verwest sind, sei es äußerst schwierig, die Todesursache festzustellen.

Die Ermittler der Kriminalpolizei, die das Gelände am Freitag noch einmal gründlich durchsuchten, sind zutiefst betroffen. "Wir können es selbst kaum fassen", sagt Emil Brockmann, der Leiter der Tatortgruppe,

Das braune Tor verbirgt den Blick in den Innenhof. Dahinter hatte der neue Besitzer des Anwesens am 17. Januar bei Entrümpelungsarbeiten in der Garage, verpackt in einen Müllsack, eine stark verweste Kinderleiche entdeckt. Anfangs hielt er den Fund für eine Puppe, wie er den Ermittlern sagte. Doch als er wusste, was er da in den Händen hielt, verständigte er sofort die Polizei. Erst am 10. Januar hatte er den Zuschlag für das Anwesen, das 21 Monate lang leer stand, bei einer Zwangsversteigerung für 58 000 Euro erhalten, doch nun wollte seine Frau den Hof gleich gar nicht mehr betreten. Zu sehr hatte sie der Fund erschüttert. Daher entschloss sich der neue Besitzer, die Garage vollständig abzureißen. Zwischen Balken unter dem leicht abgeschrägten Dach fielen ihm dabei am Donnerstag zwei kleine Kartons, die in Tüten mit Klebeband verschnürt waren, in die Hände. Kripochef Brockmann: "Zunächst schenkte er ihnen keine Beachtung. Doch als er später mit einer Mistgabel kurz hineinstieß, schlug ihm ein unerträglicher Geruch entgegen. Er rief erneut die Polizei." Die Gerichtsmediziner öffneten im Labor die fest verschnürten Pakete und fanden die verfaulten Körper eines männlichen und eines weiblichen Babys. Die Untersuchungen der Leichen gestalteten sich sehr schwierig, da sich die inneren Organe der kleinen Wesen bereits verflüssigt hatten.

Claudia B. gestand den Ermittlern inzwischen, die toten Neugeborenen selbst dort versteckt zu haben. Weder die Familie noch der oder die Erzeuger hätten davon etwas gewusst. Mit 16 Jahren habe sie einen Jungen und etwa ein Jahr später ein Mädchen in dem elterlichen Haus zur Welt gebracht, sagte die Mutter. Ob die Babys bei der Geburt noch gelebt haben, sagte die junge Frau laut Staatsanwalt nicht. Auch über die Identität der möglichen Väter schweigt sie. Die Eltern und die beiden 30 und 35 Jahre alten Schwestern der Verdächtigen werden noch verhört.

Das Amtsgericht Erfurt erließ am Freitag Haftbefehl gegen Claudia B. wegen Totschlags in drei Fällen. Die Vollstreckung wurde aber gegen Auflagen außer Vollzug gesetzt. Nach dem Fund der ersten Leiche war die junge Frau zunächst in die Psychiatrie eingewiesen worden. Ob sie am Freitag dorthin zurückkehrte, war nicht bekannt.

In Thörey überschlagen sich indessen die Gerüchte. Wenngleich das Motiv der Studentin noch ein Rätsel ist, vermuten die Nachbarn einen Fall von Missbrauch. Die Durchsuchungen auf dem Grundstück gehen auch in den nächsten Tagen weiter. Auch eine zugemauerte Toröffnung in dem Haus soll von Spezialisten wieder geöffnet werden. Brockmann: "Wir wollen sichergehen, dass keine weiteren Leichen versteckt sind. Dazu wird sogar die Gülle abgepumpt."