Veränderungen in der Landwirtschaft: Der Trend geht zu wärmeliebenden Kulturpflanzen.

Hamburg. Die norddeutsche Apfelsorte Holsteiner Cox könnte ein Opfer des Klimawandels werden, der aus Neuseeland eingewanderte Braeburn ein Profiteur. Dagegen werden Bananen und Zitronen wohl nie in Deutschland wachsen, auch wenn die Klimaerwärmung weiter fortschreitet. Aber vielleicht verstärkt Tomaten und Gurken. Noch ist die Forschung in den Anfängen, doch Agrar- und Klima-Experten sind sich bereits einig: Der Klimawandel wird die deutsche Landwirtschaft deutlich beeinflussen.

Das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) rechnet damit, dass dies in ganz Deutschland geschehen wird, allerdings mit regionalen Unterschieden. "Im Westen wird es wärmer und wahrscheinlich feuchter, im Osten hingegen wärmer und im ungünstigsten Fall trockener", sagte Projektleiter Frank Wechsung.

Er hält es für möglich, dass die deutsche Obst- und Gemüseproduktion insgesamt von einem Klimawandel profitiert. Teilweise würden wärmeliebende Kulturen schon heute besser wachsen, beispielsweise Mais. "Damit könnten die deutschen Verbraucher langfristig mehr frisches Obst und Gemüse aus dem Umland erwerben", sagte Wechsung.

Als relativ sicher gilt, dass manch neue Obst-, Gemüse- oder Getreidesorte auf deutschen Äckern Wurzeln schlagen wird. Einige andere werden verschwinden. "Manche Apfelsorten reagieren schon auf einen Temperaturunterschied von ein bis zwei Grad", sagte Karsten Klopp, Leiter der Obstbauversuchsanstalt in Jork, die zur Landwirtschaftskammer Hannover gehört. So könnten etablierte norddeutsche Sorten wie der Holsteiner Cox (1920 aus dem Samen des Cox Orange gezogen), die mit höheren Temperaturen nicht so gut klarkommen, irgendwann ganz verschwinden. Gewinner könnte der aus Neuseeland stammende Braeburn sein, der eine längere Reifezeit braucht. Er wird seit etwa zehn Jahren in Norddeutschland angebaut und gedeiht hier sogar etwas besser als erwartet.

Ob das Alte Land insgesamt vom Klimawandel profitieren werde oder nicht, sei noch nicht abzuschätzen, so Klopp. "Die Nordsee ist für uns ein massiver Klimafaktor, der dämpft mögliche Folgen der derzeitigen Temperaturentwicklung. Allerdings haben wir über die Jahrzehnte beobachtet, dass die Obstbäume im Durchschnitt eine Woche früher zu blühen beginnen. Das könnte zusätzliche Probleme mit Nachtfrösten geben." Rekord-Sommermonate wie den Juli 2006 könnten die Plantagen ertragen. Klopp: "Wir haben hier genug Wasser, noch ist die Schmerzgrenze nicht erreicht. Aber wenn die Hitzeperioden zu lang werden, geraten auch unsere Bäume in Stress." Der Deutsche Bauernverband hält es für ausgeschlossen, dass irgendwann in größerem Maße Bananen, Ananas oder Zitrusfrüchte angebaut werden können. "Das verhindern die Winterfröste", sagte Experte Hans-Dieter Stallknecht. "Lediglich bei Hobbygärtnern werden in Freiburg oder Rheinhessen schon heute Kiwis oder Feigen reif."

Ohnehin liege vieles noch im Bereich der Spekulation: "Uns fehlen die Erfahrungswerte, um einschätzen zu können, welche Folgen beispielsweise ein milder Winter wie dieser hat."

Der Verband appelliert an die Forschung, Sorten zu entwickeln, die den veränderten klimatischen Bedingungen gewachsen sind. Dies sei vor allem im Getreideanbau wichtig, für den extrem heiße Sommer wie der im Jahr 2003 fatale Folgen haben. Auch das PIK hält die Entwicklung von Sorten, die an den Klimatrend angepasst sind, für sehr wichtig. "Sie gehört zu den wenigen Dingen, die man tun kann", sagte Wechsung. Außerdem müssten die Bundesländer für die zunehmende Bewässerung den Wasserhaushalt ihrer Böden im Blick behalten, um sommerlichen Trockenzeiten begegnen zu können, warnen die Potsdamer Forscher.