KASSEL. Autos versanken in den Fluten, Menschen wateten verstört durch bauchhohe Wassermassen. Schwere Gewitter und heftige Regenfälle haben in Hessen und Nordrhein-Westfalen eine Unwetterkatastrophe mit Millionenschäden ausgelöst.

In den Landkreisen Hochsauerland und Lahn-Dill wurden in der Nacht zum Montag ganze Ortschaften überflutet. Gewittertiefs "Nora II" (104 Liter pro Quadratmeter) ließ Keller volllaufen und Hänge abrutschen. Straßen wurden unterspült und Autos fortgerissen. In Dillenburg und Haiger fielen Strom und Telefonverbindungen aus. "Die Menschen sind völlig überrascht worden", sagte Dillenburgs Bürgermeister Michael Lotz. Der Pegelstand der Dill stieg innerhalb weniger Stunden von 15 Zentimetern auf 2,73 Meter. Lotz: "Damit stand das Wasser höher als beim Jahrhunderthochwasser 1984."

"Land unter" meldete auch das Dillenburger Kreiskrankenhaus. Helfer evakuierten das Erdgeschoss der Klinik. In den Schulen der 25 000-Einwohner-Kommune fiel gestern die Schule aus, weil die Gebäude voll Wasser und Schlamm waren. Der Stahlkonzern ThyssenKrupp stoppte in seinem Dillenburger Edelstahlwerk die Produktion.

Die außergewöhnlichen Niederschläge überraschten auch den Deutschen Wetterdienst (DWD). Die Experten hatten keine Unwetterwarnung gegeben. "Ursache war eine äußerst seltene Wetterlage", sagt Meteorologin Dorothea Paetzold. "Ein Gewittertief aus Frankreich, feucht-warme Luft aus dem Osten und ein Luftstau zwischen den Bergen um Dillenburg sorgten für die explosionsartige Entladung."