Marathon-Operation: US-Ärzte trennen vier Jahre alte siamesische Zwillinge. Eingriff kann bis morgen früh dauern. Die Eltern: “Wir können kaum glauben, wie tapfer unsere Kinder sind.“

Salt Lake City. Einmal noch durfte Mutter Erin Herrin (25) ihren Töchtern zärtlich über die Wange streichen, sie umarmen, ihnen einen Abschiedskuss geben; dann rollten Ärzte das Spezialbettchen mit den siamesischen Zwillingen in den Operationssaal. Gestern begann die Trennung der siamesischen Zwillinge Maliyah und Kendra (4) in Salt Lake City.

Eine Marathonoperation, die bis morgen früh dauern kann. Bis Redaktionsschluss verlief der Eingriff planmäßig und ohne Komplikationen. Allein die Vorbereitung auf die Operation, die um 19 Uhr MESZ begann, hatte vier Stunden gedauert.

Die beiden Mädchen haben zusammen nur zwei Beine. Sie teilen sich eine Niere, die Leber und den Dickdarm. Mindestens 18 Stunden seien für den Eingriff angesetzt worden, sagte die Sprecherin des Kinderkrankenhauses der Stadt im US-Staat Utah, Bonnie Midget, gestern. Das Operationsteam besteht aus 35 Ärzten und Helfern. "Es war sehr schwierig und tränenreich", beschrieb Midget das Abschiednehmen der Mädchen von ihren Eltern kurz vor Operationsbeginn.

"Wir können kaum glauben, wie tapfer unsere Kinder sind. Sie wissen genau, dass sie getrennt werden", schrieben die Eltern Erin und Jake Herrin auf der Familienwebseite. Die Mädchen seien weniger besorgt als freudig aufgeregt, hieß es weiter. Wenn es der Zustand der Zwillinge erlaubt, wollten die Ärzte nach der Trennung sofort weitere rekonstruktive Eingriffe vornehmen, teilte die Krankenhaussprecherin mit. Die Operation könnte sich dann über 36 Stunden hinziehen.

Die dunkelblonden Schwestern sind vom Bauch bis zur Hüfte miteinander verwachsen. Jedes Kind soll zunächst ein Bein und später eine Prothese bekommen. Kendra darf ihre Niere behalten, Maliyah muss sofort an die Blutwäsche angeschlossen werden. Läuft die Trennung nach Plan, soll sie wenige Monate später von ihrer Mutter eine Spenderniere erhalten. Zur Vorbereitung wurden die Mädchen seit Juni mehrere Male operiert, um ihre Haut mit Silikonexpandern zu dehnen. Diese Hautstücke sollen beim Schließen der Schnittwunden helfen. Die meisten siamesischen Zwillinge werden im ersten Lebensjahr operiert. Bei den Herrin-Schwestern zögerten die Ärzte die Trennung hinaus, weil Dialyse und Nierentransplantation bei Babys problematischer ist.

Im vorigen Jahr wurde die Mutter der Mädchen erneut mit Zwillingen schwanger. Sie brachte zwei gesunde Jungen zur Welt.