Lotto: Seit 25 Jahren betreut Deutschlands dienstältester Glücksbote die Gewinner

KOBLENZ. Acht Millionen Euro warten heute im Lottojackpot auf einen Gewinner. Fragt sich nur: Macht ein Millionengewinn glücklich? "Es ist eine phantastische Voraussetzung dazu. Aber man muß schon selbst etwas dafür tun", sagt Hans Joachim Schmitz. Wohl kein anderer hat so viele Lottomillionäre in Deutschland kennengelernt wie er. Seit 25 Jahren ist Schmitz im Dienst der Lotto Rheinland-Pfalz GmbH unterwegs, um Lottokönige über ihre Gewinne zu informieren und sie im Umgang mit dem großen Geld zu beraten.

Der 59jährige ist der dienstälteste Lottobote Deutschlands. Bei mehr als 400 Neumillionären hat er seit dem 1. August 1981 schon auf der Couch gesessen. Bei seinem ersten Besuch vor einem Vierteljahrhundert spielte eine Kuh namens Lisa eine besondere Rolle: Als Schmitz bei einem Bauern im Hunsrück erschien bot ihm die Familie ein Glas frischer Milch von Lisa an. "Die war noch warm", erinnert sich Schmitz, der überhaupt keine Milch mag, die glückliche Familie aber auch nicht enttäuschen wollte. "Ich habe nur etwas genippt." 800 000 Mark hat der Bauer damals eingestrichen. "Das war viel Geld für die Leute."

Heute müssen es nach Worten des Glücksboten nicht selten mindestens drei Millionen Euro sein, bevor Gewinner so richtig aus dem Häuschen geraten. Früher träumten Tipper von Autoradios und Doppelschlafzimmern - nun von Loire-Schlössern und Ferraris. "Lotto ist Zeitgeist", sagt Schmitz. Wenn Gewinner aber ihre Wünsche aus dem Auge verlieren und sich nur nach den Erwartungen anderer richten, werden sie laut Schmitz selten glücklich.

Sogenannte Ökos, Vegetarier und andere Menschen aus der alternativen Szene sind ihm am liebsten. "Die haben meistens einen Plan B in der Tasche und sind besser gerüstet für den Glücksfall, als wenn Sie einen Topbanker aus dem Büro holen."

Bundesweit 78 Neumillionäre hat "Lotto 6 aus 49" allein im Jahr 2005 hervorgebracht. Ein Mann aus Baden-Württemberg strich dabei mit 23,9 Millionen Euro den bislang höchsten Einzelgewinn der Lotto- Geschichte ein. Nach Angaben der Land Brandenburg Lotto GmbH ging 2005 etwa jeder vierte Bundesbürger jede Woche zur Lotto-Annahmestelle. Der höchste Gewinn, den Schmitz je überbrachte, belief sich auf 10,5 Millionen Euro.

Der älteste Gewinner war schon stolze 91 Jahre alt. "Der hat gesagt: ,Was kommst du denn jetzt erst? Ich hätte das Geld viel früher gebraucht'", erinnert sich der Glücksbote. Einer seiner glücklichsten Gewinner sei ein Gastwirt aus Pirmasens gewesen. Der habe 800 000 Mark Schulden gehabt und 820 000 Mark gewonnen. "Der fiel mir um den Hals und sagte: ,Schmitz, endlich mal schwarze Zahlen.'" Eine Frau habe sich nach einer lange brodelnden Ehekrise angesichts des Millionengewinns prompt die Schürze abgebunden und zu ihrem Ehemann gesagt: "Du hörst von meinem Anwalt." Ein anderer Gewinner holte bei Schmitz' Besuch eine Kettensäge raus und zerlegte die Schrankwand, die er immer schon habe loswerden wollen.

Schmitz, der Theologie und Geschichte auf Lehramt studierte, wegen der Lehrerschwemme aber als Werbeleiter für Melkanlagen arbeitete, bevor er Lottobote wurde, hat selbst nie das große Los gezogen. Mit Hilfe eines Wahrsagers gewann er zwar einmal eine kleinere Summe im Lotto. Doch der Glücksbote, der sich gerade von einer Herzattacke erholt, weiß:"Es gibt Wichtigeres im Leben als einen Lottogewinn."