Urteil: Bundesgerichtshof gibt Kläger recht

Karlsruhe. Wissen Sie, was ein "Rempeltanz" ist? Mit dieser Frage mußten sich jetzt erstmals die Richter des Bundesgerichtshofs auseinandersetzen. Ergebnis: "Rempeltanz" oder auch "Tanz op de Deel" bedeutet, wechselseitig an den Schultern schubsen und den Versuch, sich wechselseitig die Beine wegzutreten. Dabei hakt man sich mit den Armen gegenseitig ein und bewegt sich "hüpfend und springend vor- und rückwärts".

Einer der Rempeltänzer - der Kläger -, der zwischen Sofa und Musikanlage allein getanzt hatte, erhielt plötzlich einen Schlag an seine Schulter und stürzte. Dann fielen die späteren beklagten - alkoholisierten - Tänzer auf ihn und verhakten sich mit den Füßen, was beim Kläger zu Beinverletzungen führte.

Vor Gericht hatte er zunächst Erfolg, in zweiter Instanz allerdings wurde seine Klage abgewiesen. Begründung: Der Kläger habe ein Risiko verwirklicht, dem alle übrigen Rempeltänzer in gleicher Weise ausgesetzt waren. Auf deutsch: Wer sich in Gefahr begibt, hat selbst schuld. Der Bundesgerichtshof sah die Rechtslage anders. Zwar sei es anstößig, wenn der Geschädigte versucht, denjenigen Schaden auf einen anderen abzuwälzen, den er bewußt in Kauf genommen hat. Dabei handele es sich aber um begrenzte Ausnahmefälle, wie etwa die Teilnahme an einem Boxkampf oder anderen gefährlichen Sportarten, für die die Rechtsprechung das Sich-Begeben in eine Situation drohender Eigengefährdung als Grundlage für eine vollständige Haftungsfreistellung des Schädigers vorsieht. Hier gäbe es bestimmte verbindliche feststehende Regeln, unter denen die Teilnehmer zum Spiel antreten und die durch das Verbot von Fouls auch auf den Schutz der körperlichen Unversehrtheit des Spielers ausgerichtet sind. Solche festen und anerkannten Regeln hätten dem "Rempeltanz" aber gerade nicht zugrunde gelegen (Aktenzeichen: VI ZR 20/05).