KÖLN. Elf Stunden war der kleine Moritz (2) aus Köln in der Gewalt von Kidnappern. Die Gangster hatten sich als Paketboten ausgegeben und den Unternehmersohn entführt. Sie riefen Vater Philipp B. (31) auf seinem Handy an: "Wir wollen 1,5 Millionen Euro Lösegeld. Andernfalls stirbt das Kind!"

Es ist Mittwoch morgen 9.20 Uhr, als die Täter in einem Mehrfamilienhaus im Kölner Stadtteil Lindenthal an der Tür klingeln. Moritz' Großmutter (57) öffnet und wird von zwei vermummten Männern in die Wohnung zurückgedrängt, gefesselt und ins Schlafzimmer gezerrt. Einer schnappt sich den Jungen. Um 10.45 Uhr melden sich die Entführer zum zweiten Mal per Handy bei dem Vater, um die Geldübergabe zu besprechen. Sein Mobiltelefon wird zurückverfolgt und überwacht, weil die Großmutter, die sich selbst befreien konnte, sofort die Polizei einschaltete. Moritz' Mutter, Lehrerin Andrea B. (30), erleidet einen Schock. Sie muß ärztlich betreut werden.

14.20 Uhr: Die Täter drängen, wollen das Lösegeld. 17.15 Uhr: Erneut wird verhandelt. Die Männer geben sich jetzt mit 650 000 Euro zufrieden. Inzwischen weiß die Polizei: Die Brüder Dirk (32) und Frank F. (42) aus Troisdorf stecken hinter der Entführung. Kriposprecher Burkhard Jahn: "Sie hatten die Tat seit langem geplant und die Lebensgewohnheiten ihrer Opfer ausspioniert." Beide sind Familienväter, arbeitslos, überschuldet. Der eine hat schon einmal wegen Körperverletzung gesessen, war Gebäudereiniger. In einem Wirtschaftsmagazin haben sie über einen erfolgreichen Unternehmer aus Köln-Lindenthal gelesen. Die alteingesessene Sicherheitsfirma, in der Philipp B. als Informatiker arbeitet, macht mit 4500 Angestellten 108 Millionen Umsatz im Jahr. Den Enkel des Gründers wählten die Täter als unschuldiges Opfer aus. Doch die beiden gelten nicht als besonders intelligent. Weil sie die Lösegeldforderungen über ihre privaten Handys durchgeben, weiß der Stab von 400 Polizisten immer, wo die Kidnapper sind. Für die Tatausführung haben die Brüder noch zwei Komplizen ausgewählt. Einen 33jährigen, der in Leverkusen festgenommen wird, und Markus R. (24), der mit dem entführten Moritz in einem Taxi zu McDonald's in Troisdorf-Spich fahren soll. Parallel wollen die Brüder um 20.55 Uhr den Kindsvater auf der Autobahn 59 zur Geldübergabe treffen. Die Polizei hört alles mit - und schlägt am Abend zu. Um 20 Uhr wird Markus R. von SEK-Beamten festgenommen, der Junge unversehrt befreit. Taxifahrer Haider Maiwand (50) zum Kölner "Express": "Eine kurze Fahrt. Der Junge saß auf dem Rücksitz neben dem Geiselnehmer. Er weinte." Polizeisprecher Jahn: "Moritz ist wohlauf, hat keine äußeren Verletzungen."

55 Minuten später wird auch das Brüderpaar auf der A 59 überwältigt. An einer Schallschutzwand kurz vor der Ausfahrt Spich hatte der Vater den Geldkoffer abgestellt. Als die Täter kommen, klicken die Handschellen. Dirk F. erleidet einen Kreislaufzusammenbruch. Sein Bruder Frank legt noch in der Nacht ein Geständnis ab.