Geblitzt: Beckenbauer mit 70 km/h in Tempo-30-Zone. Beamter wollte den Tempoverstoß vertuschen - und das Verfahren einstellen. Jetzt droht ihm die Entlassung aus dem Staatsdienst.

München. Promibonus für den "Fußball-Kaiser"? Ein bayerischer Polizist und ein Stadtbediensteter wollten offenbar ein Verkehrsdelikt von Franz Beckenbauer (60) vertuschen. Jetzt droht ihnen die Entlassung aus dem Staatsdienst. Das berichtet der "Münchner Merkur" (Mittwoch-Ausgabe).

Anfang Juni 2005 war der Präsident des FC Bayern in einem Dienstwagen des Vereins auf der Münchner Candidbrücke geblitzt worden. Statt der vorgeschriebenen 30 km/h fuhr er mehr als 70.

Am kommenden Montag steht ein Oberkommissar wegen eines Disziplinarverfahrens vor dem Verwaltungsgericht: Der Beamte soll verhindert haben, daß Beckenbauer wie jeder andere Temposünder behandelt wird.

Der Polizist aus dem Landkreis Freising ist auch zweiter Bürgermeister seiner Heimatgemeinde. Er soll sich, als er von Beckenbauers Verkehrsverstoß erfuhr, als Angehöriger der Kriminalpolizei Ingolstadt an das Münchner Kreisverwaltungsreferat (KVR) gewendet haben, das den Blitzer hatte aufstellen lassen. In einem Schreiben von Anfang Juli teilte der Polizist angeblich einem KVR-Mitarbeiter mit, daß die rasante Fahrt auf einen Sondereinsatz der Polizei zurückgehe.

Obwohl der "Sondereinsatz" offensichtlich frei erfunden und Franz Beckenbauer auf dem "Blitz-Foto" eindeutig zu identifizieren war, stellte der KVR-Mann das Verfahren ein. Einer anderen Mitarbeiterin kam die Sache seltsam vor. Dann flog der Fall auf.

Die Staatsanwaltschaft erließ einen Strafbefehl wegen Urkundenfälschung gegen den KVR-Mitarbeiter. Die acht Monate auf Bewährung nahm er an, über sein Motiv sagte er nichts. Inzwischen arbeitet er im Bereich des Standesamts. Auch der Polizist wurde inzwischen zu acht Monaten auf Bewährung verurteilt. Das Verfahren gegen Beckenbauer wurde nicht, wie von den Verurteilten beabsichtigt, eingestellt, sondern zu Ende geführt. Nach Angaben eines Münchner Polizeisprechers mußte Beckenbauer, wie bei Überschreitungen der Geschwindigkeit um 40 km/h üblich, 100 Euro Bußgeld bezahlen. Außerdem erhielt er drei Punkte in Flensburg und ein einmonatiges Fahrverbot.

Der "Kaiser" ist bereits als Verkehrssünder vorbelastet: Schon 1992 hatte ihn ein Autofahrer wegen Körperverletzung angezeigt. Beckenbauer soll ihn geohrfeigt haben, weil er dem "Kaiser" die Vorfahrt genommen hatte. Es erging ein Strafbefehl über damals 10 000 Mark gegen Beckenbauer, außerdem mußte er seinen Führerschein für einen Monat abgeben.

Von dem Vertuschungsversuch soll Beckenbauer selbst angeblich nichts gewußt haben. Gestern hat er als Chef des WM-Organisationskomitees in Paraguay die höchste Auszeichnung des südamerikanischen Fußballverbandes Conmebol, den großen Verdienstorden am Bande, erhalten. Bei der Zeremonie vor mehr als 100 geladenen Gästen zeigte sich Beckenbauer "gerührt und dankbar". Der Nationalelf Paraguays, die in Oberhaching Quartier bezieht, werde die Münchner Luft guttun und ihr helfen, bei der WM weit nach vorne zu kommen, scherzte Beckenbauer bei Temperaturen von 35 Grad.