Gift-Tod: Briten wollen tierische Einwanderer stoppen. Die grauen Nager stehlen den roten Artgenossen die Nahrungsvorräte.

London. Großbritannien will in den Krieg der Eichhörnchen eingreifen. Mit einer massiven Tötungsaktion soll die Zahl der aus Amerika eingewanderten grauen Eichhörnchen (Sciurus carolinensis) stark reduziert werden. Damit will man das Aussterben des einheimischen roten Eichhörnchens (Sciurus vulgaris) verhindern, das etwas schwächer als seine Vettern ist. Ein entsprechendes Schutzprogramm gab die Regierung gestern in London bekannt.

Die grauen Eindringlinge sollten durch eine "humane und gezielte" Methode überall dort zurückgedrängt werden, wo sie die roten Eichhörnchen gänzlich zu vertreiben drohen, erklärte der für Artenschutz zuständige Staatssekretär Jim Knight. "Viele Leute mögen die grauen Hörnchen zwar, aber sie sind leider eine ernste Bedrohung für einige unserer einheimischen Arten", so Knight. Unter anderem geht es ihm um den Vogelschutz. Die "Einwanderer" haben aber auch eine weitere "schlechte" Angewohnheit: Sie stehlen ihren Artgenossen die Nahrungsvorräte. Weil die Rotbraunen nur noch auf zwei Drittel ihrer vergrabenen Nahrung zugreifen können, werden sie schwächer, und die Weibchen gebären nicht mehr so viele Jungtiere. In England kommt inzwischen auf 66 graue nur noch ein rotes Eichhörnchen.

Und wie sieht es in Deutschland aus? Auch unsere heimischen Arten, so Abendblatt-Experte Georg Peinemann, präsentieren sich in recht unterschiedlichen Farbtönen. Das reicht vom leuchtenden Hellrot bis zum dunklen Graubraun. Und in dieser gar nicht so seltenen dunklen Tönung ergeben sich sogar Ähnlichkeiten mit dem in England so unbeliebten Grauhörnchen.

Zwar kommt auch hier der "Einwanderer" nicht gerade selten vor, er steht aber noch nicht auf der Abschußliste. Ohnehin stellt sich dem Tierfreund die Frage: Warum sollen graue Eichhörnchen bekämpft werden, während die rotbraunen allseits Schonung genießen?

Bleibt die Frage: Sind die Grauen gefährlicher als die Rotbraunen? Bei einem sachlichen Vergleich sind in der Lebensweise kaum Unterschiede festzustellen. Das Grauhörnchen ist mit 500 Gramm etwa hundert Gramm schwerer als das Rotbraune. Das fällt im Vergleich "Gut oder Böse" wohl nicht ins Gewicht. In der Nahrungsaufnahme unterscheiden sich die Hörnchen überhaupt nicht - was auch die Neigung zum Diebstahl beweist. Sie ernähren sich von Bucheckern, Eicheln, Haselnüssen, Pilzen und von kleinen Jungvögeln. Letzteres wird manchmal auch unseren heimischen Eichhörnchen angekreidet. Aber wer käme wohl auf die Idee, deshalb kurzen Prozeß mit den beliebten "Klettermaxen" zu machen?

Das Argument aus London, Grauhörnchen müßten bekämpft werden, weil sie Vogelarten bedrohen, ist nicht überzeugend. Würde man durch gezielte Tötung die Zahl der Grauhörnchen stark reduzieren, dann würden sich die rotbraunen Eichhörnchen um so stärker ausbreiten - und im gleichen Umfang den "Vogelmord" betreiben.

Auch die Frage, ob Graue und Rotbraune sich gegenseitig bekämpfen, muß im Prinzip verneint werden. Also geht es den Briten offenbar nur darum, die heimischen Arten zu schützen. Bekämpft man die Grauen aber, wie in Großbritannien geplant, mit Giftködern, trifft das vermutlich auch die heimischen Artgenossen. Auch Sterilisationsmittel für die Grauen könnten am Ende die Falschen treffen.