Geschichte: Maria Fjedorowna wird neben ihrem Mann ruhen

Moskau. Als Zarin Maria Fjedorowna ging sie in die Geschichte ein, aber eigentlich hieß sie Dagmar, Prinzessin von Dänemark. Ihr Leben war geprägt von Pomp und Pracht, Tragödie und Verzweiflung. Nun wird die dänische Prinzessin, die einst auszog, um eine große Zarin zu werden, und die dann wieder heimkam, um ihr nacktes Leben zu retten, endlich Ruhe finden.

Dänemark und Rußland haben ein Abkommen unterschrieben und vereinbart, daß die letzte Zarenmutter nach Rußland übergeführt wird. Damit erfüllt sich nach mehr als 75 Jahren ihr Herzenswunsch: Dagmar wird in der Kathedrale von St. Petersburg neben ihrem Mann Alexander beigesetzt.

"Man braucht Rückgrat", sagte Dagmar immer, wobei sie das rein praktisch meinte. Die dänische Prinzessin mußte in Rußland als Zarin soviel stehen, daß man diesen Job ihrer Ansicht nach nur mit einem guten Rücken meistern konnte. Aber Rückgrat hatte die Dänin auch im übertragenen Sinne. Als 19jährige wurde sie mit dem russischen Thronerben Nikolaj verlobt. Aber kaum begannen die Hochzeitsvorbereitungen, da starb Nikolaj auch schon. 1866, ein Jahr nach Nikolajs Tod, heiratete sie seinen jüngeren Bruder Alexander. Das hörte sich nach einer Vernunftehe an. Doch Dagmar liebte den Mann und er sie. Wenn sie getrennt waren und Dagmar keine Zeit zum Schreiben hatte, dann klagte Alexander: "Warum diese Grausamkeit?" Wenn sie sich in der gleichen Stadt aufhielten, ließ er ihr tagsüber immer wieder Notizen zukommen. Für seine Frau hatte Alexander, der später als besonders reaktionärer Zar in die Geschichte eingehen sollte, weil er Staatsfeinde ohne Umschweife hinrichten ließ, eine Schwäche. Von den Unruhen im Land bekam Dagmar wahrscheinlich nur wenig mit, und sie engagierte sich nur selten politisch. Alexander starb mit nur 49 Jahren - Dagmars ältester Sohn übernahm als Zar Nikolaus II. den Thron. Die Mutter lebte von nun an mit weniger Verpflichtungen, war aber angesehen und sehr, sehr reich.

Der Erste Weltkrieg und die Revolution setzten diesem Leben ein Ende. Nikolaus und seine Familie wurden erschossen. Nur Dagmar und ihre Töchter Olga ( 1960 in Kanada) und Xenia ( 1960 in London) überlebten. Zwei Jahre verbrachte sie auf der Halbinsel Krim.

Erst als das Geld ausging, flüchtete sie. Nach 53 Jahren in Rußland verließ sie 1919 als 72jährige auf einem englischen Schiff das Land. Die vergangenen Jahre waren so entbehrungsreich gewesen, daß die alte Dame nur noch 37 Kilo wog. Damals freute sich die früher vom Leben so verwöhnte Zarin so sehr über ein ordentliches Essen, daß sie sogar die Menükarte aufhob.

Bis zur ihrem Tod 1928 lebte Dagmar zurückgezogen bei ihrer Familie in Dänemark. Die Londoner "Times" schrieb in ihrem Nachruf: "Sie befand sich im Mittelpunkt der Tragödie, aber es gab nichts Tragisches in ihrem Wesen. Sie hat immer eine unfaßbare Ruhe bewahrt."