Berg-Drama: Reinhold Messner sieht seine Unschuld erwiesen. 35 Jahre nach der Tragödie am Nanga Parbat: Bergsteiger präsentiert Stiefel des Toten. Ein DNA-Test soll jetzt seine Identität beweisen.

Islamabad. Jahrelang hatten seine alten Bergkameraden ihm vorgeworfen, er habe seinen Bruder 1970 am Nanga Parbat im Himalaya sterben lassen, um den Ruhm allein zu ernten. Gestern beteuerte Reinhold Messner (60) abermals seine Unschuld und präsentierte den Stiefel seines Bruders.

Der Bergsteiger bestätigte in Islamabad (Pakistan) erstmals offiziell den Fund von Überresten seines Bruders Günther ( 23) und wertete diese als Beleg dafür, daß er ihn auf jener verhängnisvollen Expedition vor 35 Jahren nicht im Stich gelassen habe.

Messner: "Die Reste meines Bruders sind an der Westseite des Nanga Parbat gefunden worden." Dies zeige bereits, daß er Günther nicht zurückgelassen, sondern noch während des Aufstiegs auf der Rupal-Seite angewiesen habe, auf der gegenüberliegenden Diamir-Seite abzusteigen.

Anderslautende Vorwürfe von ehemaligen Expeditionsteilnehmern bezeichnete Messner als "eigenartige Geschichten". Sie lögen, "um Bücher zu verkaufen oder vielleicht aus Scham, weil damals niemand nach uns beiden gesucht hat".

Am 27. Juni 1970 hatten Reinhold und Günther Messner den 8125 Meter hohen Nanga Parbat bestiegen. Sie hatten dabei als erste Menschen die Rupal-Wand überwunden, die mit ihren 4500 Meter Höhe als größte Wand der Welt gilt. Sechs Tage später wurde Reinhold auf der Diamir-Seite des Himalaya-Riesen gerettet, sein jüngerer Bruder Günther blieb verschollen. Messner hatte stets versichert, sein Bruder sei auf der Diamir-Seite des Berges gestorben. Andere Expeditionsteilnehmer hatten Reinhold Messner dagegen vorgeworfen, seinen Bruder möglicherweise höhenkrank zurückgelassen und angewiesen zu haben, auf der Rupal-Seite wieder abzusteigen.

Die Bergkameraden warfen ihm vor, dies in dem Ehrgeiz getan zu haben, den Nanga Parbat als erster Mensch von einer Seite zu erklimmen und an der anderen wieder abzusteigen.

Die Überreste von Günther Messner waren am 17. Juli in der Höhe von 4300 Metern auf der Diamir-Seite gefunden worden, nur etwa eine halbe Stunde vom damaligen Basislager entfernt.

Proben des Leichnams seien für DNA-Tests nach München und Österreich geschickt worden, sagte Messner gestern. "Wir brauchen diese Tests nicht. Aber wir machen es, um es belegen zu können." Über den Tod seines Bruders ergänzt er: "Es gab keine Anzeichen für einen Sturz. Dort wurde mein Bruder von der Lawine getroffen." Die Überreste wurden verbrannt, die Asche soll im Himalaya verstreut werden.