"SKANDAL"-Rufe im Gericht. Die Mutter des zu Tode gequälten Kindes schon in zwei Jahren frei.

Irene Preisinger

Memmingen

Die Peiniger der kleinen Karolina hörten ihre Strafe ohne jede Gefühlsregung, als das Landgericht Memmingen gestern nachmittag die Urteile verkündete: Zehn Jahre und drei Monate muß Mehmet A. hinter Gitter und auf unbestimmte Zeit in die Psychiatrie. Seine Ex-Freundin Zaneta C., die Mutter von Karolina, bekam fünfeinhalb Jahre Haft.

Die Zuschauer im Gerichtssaal reagierten empört. "Das ist ein Skandal", ruft eine junge Frau. "Das war Mord", ergänzt eine ältere Dame. Vereinzelt sind "Pfui"-Rufe zu hören. "Solche sollte man lebenslang einsperren", sagt ein Mann.

Doch das Gericht wertete das Martyrium, das die kleine Karolina in ihren letzten Lebenstagen erleiden mußte, nicht als Mord, sondern als Körperverletzung mit Todesfolge. Der Vorsitzende Richter Götz Helms in seiner Urteilsbegründung: "Eine direkte Tötungsabsicht ist Mehmet A. nicht nachzuweisen." Das Gericht ging bei ihm zudem von verminderter Schuldfähigkeit aus, weil ein Gutachter dem Türken schwere seelische Abartigkeit und sadistische Züge attestierte. Nach drei Jahren im Gefängnis muß Mehmet A. zur Behandlung in eine psychiatrische Anstalt - so lange, bis er geheilt ist. Der Richter: "Es besteht die Gefahr, daß er weiter für die Allgemeinheit gefährlich ist." Zu Zaneta C. sagte er: "Sie haben die Pflicht einer Mutter verletzt, ihr Kind zu beschützen. Sie haben auf Grund eigenen Mitverschuldens ihr Kind verloren, was sie ein Leben lang spüren werden." Ihr Verteidiger Ralf Schönauer, der sogar Freispruch gefordert hatte, zeigte sich zufrieden: "Meine Mandantin sitzt bereits seit Januar 2004 hinter Gittern. Da muß sie nur noch gut zwei Jahre verbüßen."

Der früher drogensüchtige Mehmet A. ist mehrfach wegen Gewalt- und Körperverletzungsdelikten vorbestraft und hat 16 erfolglose Therapieversuche hinter sich. Richter Helms: "Karolina muß in den letzten Tagen ihres Lebens Höllenqualen gelitten haben." Immer wieder kamen während der sieben Verhandlungstage schauerlichste Details ans Licht. Der Türke schlug die Tochter seiner polnischen Freundin grün und blau: mit der Hand, einem Stock oder einem Gürtel. Er riß ihr büschelweise Haare aus, drückte Zigaretten auf ihrer Haut aus, übergoß sie mit kochendem Wasser und verbrannte ihren Körper mit erhitzten Verschlüssen von Methadon-Flaschen. Mehmet A., der die Verhandlung stets mit versteinerter Miene verfolgte, betonte aber in seinem letzten Wort vor Gericht: "Ich wollte niemals, daß Karolina stirbt. Es war ein Unfall."

Kurz vor ihrem Tod rasierte das Pärchen der Dreijährigen die Haare ab. Nach weiteren Folterungen schlug Mehmet sie bewußtlos. Das sterbende Kleinkind wurde am 5. Januar 2004 in einer Kliniktoilette in Weißenhorn (Bayern) gefunden: nackt, kahlgeschoren und von Wunden übersät. Karolina starb zwei Tage später an einer Gehirnblutung.