Skandal: Staatsanwalt ermittelt, Verbraucherschutz klagt an. Supermarkt setzt auf Frische-Manager.

Hamburg/Hannover. Der Hackfleisch-Skandal um neu ausgezeichnetes, aber altes Fleisch bei der Supermarktkette "Real" erschüttert Deutschland: Als Reaktion auf die manipulierten Verfallsdaten will "Real" zusätzlich bis zu 100 "Frische-Manager" in ihre Filialen schicken, um die Märkte besser zu kontrollieren. Die Staatsanwaltschaft Oldenburg ermittelt gegen neun Mitarbeiter von zwei "Real"-Filialen der Region Hannover, die abgelaufene Etiketten entfernten, die Ware neu verpackten und mit längeren Haltbarkeitsdaten versahen.

"Der starke Druck auf die Fleischpreise ist für diesen Betrug mitverantwortlich", beklagt Silke Schwartau, Ernährungsberaterin der Verbraucher-Zentrale Hamburg. Das bestätigt Michael Durst, Obermeister der Fleischerinnung Hamburg: "Die großen Märkte haben die Preise zu weit heruntergefahren. Wenn die Marge sehr klein oder gar nicht mehr vorhanden ist, dann wird getrickst. Ich hatte gerade am Wochenende einen Werbezettel in der Hand, auf dem das Kilo Hackfleisch für 1,99 Euro angeboten wurde. Das liegt unter dem Einkaufspreis." In seinem Betrieb würde, wie bei "99 Prozent aller Fleischerfachgeschäfte", mehrfach am Tag beim Zerlegen frisches Hackfleisch gemacht.

Ein solcher Fall, bei dem altes Hack vorsätzlich in den Verkauf kam, sei ihm noch nicht untergekommen, sagt Dr. Horst Siems, Leiter der Lebensmittelbakteriologie des Hamburger Hygiene-Instituts. "Wir untersuchen jeden Monat 20 bis 30 Proben Hackfleisch, Geschnetzeltes oder frische Bratwurst, die sehr keimanfällig sind. Bei ein bis zwei Prozent gibt es Mängel wegen geschmacklicher Abweichung oder erhöhter Keimzahlen." Bis auf wenige Ausreißer sei die Fleischqualität in Ordnung, betont Siems.

Die Supermarktkette "Real" betont, jährlich zwölf Millionen Euro in die "Frische-Beratung" investieren zu wollen. Verbraucherschützerin Silke Schwartau hält dies für nicht ausreichend. Sie fordert zusätzlich unabhängige Prüfer: "Da die staatlichen Lebensmittelkontrolleure ausgelastet sind, wäre es Aufgabe der Ketten, für eine Qualitätssicherung zu sorgen. Sie sollten sich zusammentun und die Märkte kritischer beobachten."

Verunsicherten Hamburger Verbrauchern rät sie, Fleisch, das grau oder schmierig ist, nicht wegzuwerfen, sondern bei der Verbraucher-Zentrale oder der staatlichen Lebensmittelkontrolle in den Verbraucherämtern der Bezirke abzugeben: "Nur so können wir schwarze Schafe dingfest machen."