Ray Charles: Trauer um ein Musikgenie. Der Mann, der Blues mit Gospel verschmolz, wurde nur 73 Jahre alt

Hamburg. Ohne Ray Charles hätte es den Begriff "Soul" in der populären Musik nicht gegeben. "Soul", wie ihn der 1930 in Albany/Georgia geborene Sänger und Multiinstrumentalist definierte, speiste sich aus Blues, Jazz und vor allem Gospelmusik. "Ich wünsche mir, dass die Menschen meine Seele empfinden. Soul ist, wenn du einen Song zu einem Teil von dir machst, einem Teil, der so wahr ist, dass die Leute glauben, dass du das alles erlebt hast. Soul ist wie Elektrizität, wie ein Geist, wie ein Magnet, wie eine Kraft."

Ray Charles Robinson, der im Alter von sechs Jahren am Grünen Star erblindete, machte aus der tiefreligiösen Musik der AfroAmerikaner populäre Musik, in dem er sie zum Swingen brachte oder in das 12-Takt-Schema des Blues setzte. Doch in seinem Gesang blieb die Spiritualität erhalten, Ray Charles' Konzerte in den 50er- und 60er-Jahren waren wie ein säkularisierter Gottesdienst - mit durchaus erotischer Note. Aus dem Spiritual "My Jesus Is All The World To Me" etwa macht er: "I Got A Woman".

Der aus ärmlichen Verhältnissen stammende Junge lernt auf einer Blindenschule in Florida Klavier und Klarinette zu spielen. Mit 15 Jahren wird er zum Vollwaisen, mit 16 fängt er an mit Country & Western-Bands durch die Staaten zu tingeln, mit 18 gründet er seine erste eigene Band, mit 21 landet er den ersten Hit: "Baby, Let Me Hold Your Hand". Die große Zeit des Ray Charles beginnt, der seinen Nachnamen Robinson ablegt, um nicht mit dem berühmten Boxer Sugar Ray Robinson verwechselt zu werden.

Ray Charles schreibt Songs wie "Georgia On My Mind", "Unchain My Heart" und "Hallelujah, I Love Her So". Er hat den Blues an Leib und Seele erfahren, und er wird mit seinem krächzenden Gesang zu seinem Neuerer. Ray Charles, oft auch in Hamburg auf der Bühne, wird zwar zu einem der erfolgreichsten schwarzen amerikanischen Künstler, doch seine Popularität bewahrt ihn nicht vor dem Konflikt mit dem Gesetz. 1964 wird er wegen Drogenbesitzes verhaftet und verurteilt. Vor Gericht erklärt er, dass er, seit er 16 Jahre alt war, regelmäßig Heroin gespritzt hat. Vielleicht ist dieser geniale und einflussreiche Musiker am Donnerstag den Spätfolgen dieser Sucht erlegen - er starb an einer kranken Leber.