Mineralwasser und Milch in Supermärkten mit Putzmitteln versetzt. Schon 170 Menschen krank.

Rom. Italien gerät in Panik. Explosionsartig breiten sich die Anschläge mit vergiftetem Mineralwasser aus. Nachdem in Norditalien zunächst nur wenige Einzelfälle von vergifteten Flaschen aufgetaucht waren, wurden allein gestern landesweit mehr als 20 Menschen mit Vergiftungen in Krankenhäuser eingeliefert. Die Polizei warnte über Tageszeitungen und Fernsehsondersendungen vor der Gefahr. Vor dem Kauf einer Mineralwasserflasche soll jeder nachprüfen, ob sie auch wirklich dicht ist. Der oder die Täter spritzen mit haarfeinen Nadeln von Insulinspritzen Putzmittel, meist Ammoniak-Lösungen, durch den Deckel in das Wasser. Die Zahl der mutmaßlichen Opfer stieg auf etwa 170 Menschen an. Bisher konnten alle vergifteten Opfer gerettet werden.

Schon Mitte Oktober war eine alte Frau in das Krankenhaus von Verona eingeliefert worden. Sie litt unter einer Vergiftung durch ein Putzmittel: Die Polizei ging dem Fall nur kurze Zeit nach, es bestand der Verdacht, dass die alte Dame eine Flasche verwechselt hatte. Jetzt glaubt die Polizei, dass die Frau das erste Opfer der Anschlagsserie war. Der Täter lies sich dann einen Monat Zeit, erst am 21. November tauchte in Mantua erneut eine vergiftete Mineralwasserflasche auf. Ein Siebenjähriger trank das Wasser und kam ins Krankenhaus. Dann tauchten die ersten Fälle von vergiftetem Wasser in Mittelitalien und auf Sizilien auf. Betroffen sind mehrere Hersteller.

Besonders erschreckend: Auch in den Getränkeautomaten von Krankenhäusern und Schulen wurden vergiftete Mineralwasserflaschen entdeckt. Der oder die Täter sind offensichtlich in der Lage, die Wasserflaschen in den Zwischenlagern zu vergiften. Vor allem Kindern, die vergiftetes Wasser getrunken hatten, drohen ernste Gefahren. Ein 15 Tage altes Kind, dessen Mutter aus Vorsicht kein Leitungswasser, sondern Mineralwasser zum Verflüssigen des Milchpulvers benutzte, musste tagelang am Krankenbett des Babys bangen. Es ist aber außer Gefahr. Inzwischen hat der Täter die Dosis erhöht. Gestern beschlagnahmte die Polizei Mineralwasser-Flaschen mit Chlor-Lösungen in so hoher Konzentration, dass eine sehr ernste Gesundheitsschädigung drohte. Außerdem tauchen erstmals vergiftete Flaschen mit Softdrinks auf: Eine Frau in Turin, die einen Energie-Drink zu sich genommen hatte, klagte über Beschwerden. Zudem sind mehrere Kinder an mit Ammoniak verseuchter Milch erkrankt.

Ein Polizeisprecher: "Wir glauben, dass es eine Tätergruppe ist. Bisher gibt es keinen Hinweis auf den Versuch einer Erpressung, wir gehen von einem terroristischen Anschlag aus." Bisher tappen die Ermittler aber noch im Dunkeln. (SAD)