Abschied von dem jüngsten Lübecker Opfer. Schwere Vorwürfe gegen den Lehrer der Gruppe.

Hamburg. Zwei Wochen nach dem tödlichen Trinkgelage von drei jungen deutschen Touristen aus Lübeck sind in der Türkei erneut Menschen nach dem Genuss methanolhaltigen Alkohols gestorben. Wie die türkische Zeitung "Star" berichtet, sind seit der vergangenen Woche in der Stadt Bursa acht Männer ums Leben gekommen, nachdem sie gestreckten Raki getrunken hatten. In Izmir starb ein 37 Jahre alter Türke. Fünf Freunde des Mannes liegen noch im Koma.

Nach dem Tod der Männer aus Bursa ging der Leiter der Gesundheitsbehörde der Provinz Bursa, Ismail Hakki Celik, an die Öffentlichkeit und warnte davor, den minderwertigen Alkohol zu trinken. Der Verkauf und Konsum von "sahte alkol" (gefälschter Alkohol) ist kein neues Phänomen in der Türkei, seit Jahrzehnten versuchen die Ordnungsbehörden das besonders unter dem einfachen Volk weit verbreitete Problem in den Griff zu bekommen. Celik wies private Konsumenten und die Gastronomie darauf hin, Alkohol nur von "vertrauenswürdigen Verkaufsstellen" und Produkte zu beziehen, die vom staatlichen "Amt für die Regelung des Marktes für Tabak, Tabakprodukte und alkoholische Getränke" (Tütün ve Alkol Piyasasi Düzenleme Kurumu, TAPDK) genehmigt wurden und das Gütesiegel des Amtes tragen. Bei fehlerhaften Flaschen mit kaputten Deckeln oder zerstörtem Barcode sei besondere Aufmerksamkeit geboten.

Unterdessen entdeckt auch die Politik in Ankara das türkische Alkoholproblem: Die Parlamentsabgeordnete Ayse Agirbas von der oppositionellen Demokratischen Linkspartei DSP hat die türkische Regierung zu verstärkten Kontrollen gegen illegalen Alkohol aufgefordert. Kontrolleure haben in den Hotels der Touristenregion um Antalya in den vergangenen vier Jahren 229 Unregelmäßigkeiten aufgedeckt, die bestraft wurden. 24 Hoteliers seien angeklagt worden, sagte ein Vertreter des Landwirtschaftsministeriums in Antalya. Auf der Suche nach illegal hergestelltem Alkohol habe es seit dem Jahr 2005 in Hotels der Region 2359 Kontrollen gegeben. Insgesamt seien in dem Zeitraum in Hotels, Restaurants und Geschäften 264 000 Flaschen mit illegalem Alkohol sichergestellt worden.

Im Zusammenhang mit den aus Lübeck stammenden Schülern im Alter von 21, 19 und 17 Jahren, die gepanschten Billigalkohol auf einer Klassenreise in einem Hotel im Badeort Kemer getrunken hatten, gab es inzwischen fünf Festnahmen, unter ihnen die für den Einkauf und das Restaurant zuständigen Hotelmitarbeiter. Alle sind nach Vernehmungen wieder auf freiem Fuß. Die Staatsanwaltschaft in Kemer ermittelt gegen den Getränkelieferanten. Er wird per Haftbefehl gesucht.

In Lübeck hat die Staatsanwaltschaft mit der Vernehmung der Mitschüler der drei toten Jugendlichen begonnen. Erst danach werde entschieden, ob ein Ermittlungsverfahren gegen den Lehrer eingeleitet werde, der die Gruppe begleitet hatte, sagte der Sprecher der Lübecker Staatsanwaltschaft, Klaus-Dieter Schultz. Der Lehrer war von einem Schüler beschuldigt worden, sich nicht genug um die Gruppe gekümmert zu haben.

In einer Trauerfeier nahmen am vergangenen Donnerstag wie berichtet Angehörige und Freunde von dem jüngsten Opfer Abschied. Zu dem Gottesdienst in der evangelischen Kirche in Stockelsdorf bei Lübeck waren mehr als hundert Menschen erschienen, unter ihnen auch viele Mitschüler des 17-Jährigen.

Die für die Ermittlungen zuständige türkische Staatsanwaltschaft hat die Obduktionsergebnisse aus Deutschland angefordert. Bei dem 21-Jährigen war eine Methanolvergiftung als Todesursache festgestellt worden. Die Ergebnisse für den 17-Jährigen und den 19-Jährigen stehen noch aus. "Es laufen noch toxikologische Untersuchungen, die einige Zeit in Anspruch nehmen werden", sagte Schultz.