Berliner Forscher fanden beim Röntgen heraus, wie der Bildhauer das Antlitz der legendären Pharaonin veränderte.

Berlin. Sie ist mehr als 3300 Jahre alt und gilt als größte Attraktion des Ägyptischen Museums in Berlin. Die Büste der Pharaonin Nofretete. Wissenschaftler des Imaging Science Centers an der Charite wollten wissen, in welchem Zustand sich die als "schönste Frau der Welt" gepriesene Skulptur befindet, und schoben sie in eine Röntgenröhre. Dabei machten sie eine sensationelle Entdeckung: Hinter der aus Gips modellierten Büste befindet sich ein zweites, nicht weniger fein gezeichnetes Gesicht aus Kalkstein.

Auch dieses bildet Nofretete ab, allerdings mit nicht ganz so gerader Nase und Falten an den Mundwinkeln. "Als wir den Scan machten, war unbekannt, wie dick der Stuck im Gesicht ist und ob da überhaupt ein zweites Gesicht darunter ist", sagt Alexander Huppertz, der als Direktor des Centers für den Computer-Tomografie-Scan verantwortlich ist. Man habe zwar gewusst, dass ein Rohling hinter dem aus Stuck geformten Gesicht sei. Aber dass das innere Steingesicht so detailliert und dem äußeren Gesicht so ähnlich sei, sei eine große Überraschung gewesen.

"Das Klischee ist, dass immer alles schöner gemacht wird", sagt Huppertz. Das sei in diesem Fall aber nicht so. Im Vergleich der beiden Gesichter zeige sich, dass - aus heutiger Sicht - Veränderungen sowohl in positiver als auch in negativer Richtung gemacht worden seien. So seien am äußeren Gesicht an den Mundwinken Falten wegretuschiert, die Nase "begradigt oder geglättet" worden, dafür aber am Auge Falten hinzugefügt worden. "Es wurde also personalisiert, aber nicht idealisiert."

Die Entstehung des altägyptischen Meisterwerks, dessen Wert von einer Versicherung auf 390 Millionen Dollar geschätzt wurde, müsse man sich im 14. Jahrhundert v. Chr. folgendermaßen vorstellen, erzählt Huppertz: Nofretete saß beim königlichen Bildhauer Modell, der ihr Abbild in einen Stein meißelte. Dann hätten die Königin oder ihr Mann Echnaton das Kunstwerk inspiziert und Anweisungen für die Änderungen erteilt. Das Ergebnis sei die über den Stein modellierte berühmte Nofretete-Büste.

Huppertz und sein Team schoben die 47 Zentimeter hohe Büste bereits 2006 in eine Röhre, in der sonst Menschen geröntgt werden. Die Forschung an den Datensätzen dauerte zwei Jahre. Die Bilder vom Inneren der Büste lösten aber nicht nur Begeisterung aus. Der Experte: "Wir waren erschrocken, wie schlecht die Anbindung der einzelnen Materialien ist, wie anfällig das Objekt ist." Saniert werden könne Nofretete nicht. Deswegen müsse man sie "extrem vorsichtig anfassen". Dadurch, dass sie "sehr inhomogen ist, ist sie vibrations- und berührungsempfindlich".

Derzeit ist Nofretete im Alten Museum auf der Museumsinsel zu sehen. Bald steht ihr jedoch ein Umzug bevor. Zur Eröffnung des 100 Meter entfernten Neuen Museums soll sie vom 16. Oktober an dort für Glanz sorgen.